Archiv der Kategorie: FRITZ WIEGMANN (1902-1973) – MENSCH UND KÜNSTLER

Zunächst stützten sich die Blogbeiträge auf eigene Dokumentation und Erinnerungen. 2017 kamen die Materialien aus Wiegmanns persönlichen Nachlass dazu, die ich für das Frankfurter Stadtarchiv erschließen durfte.
Seit August 2022 erlaubt mir der Umgang mit einer Anzahl originaler Malereien und Zeichnungen, viel näher hinzuschauen. 12.2.2024

Unterthema: BERLINER LUFT UND PROJEKT "GESUNDE NERVEN" 1929-31

Fritz Wiegmann – Stilleben – Zwei kubistische Bilder von 1928 aufgetaucht !Wer war Dr. Robert Fließ (1895-1970) ?‚Gesunde Nerven‘ – mehr Hintergründe (W.Benjamin, Charlotte Joel, Robert Fließ)Archiverfahrungen: Ernst Joel, Fritz Fränkel, Fritz WiegmannFritz Wiegmann, die Benjamin’s und Fritz FränkelDie Internationale Hygiene-Ausstellung in Dresden 1930/31Wiegmanns Kollege Rudolf Ausleger – die Alternative?Ausstellung ‚Gesunde Nerven‘ Berlin 1929


Unterthema: BIOGRAFIE

DER NACHLASS VON FRITZ WIEGMANN 1973-2024Undatierte Bilanz . Handbeschnittener Zettel im Nachlasskoffer WiegmannsDer Maler Siegfried Klapper in WildeshausenWer war der Maler Siegfried Klapper? (mit Korrespondenz)Jean-Pierre Dubosc – StreiflichterFritz Wiegmann im Archiv IGS (Frankfurt am Main)Edwin Denby tanzt durch Fritz Wiegmanns LebenWIEGMANNS UNIVERSITÄTENIn der „Galerie Kronberg“ im Januar 2001Walter Felsenstein 70 – Freund (?) und Zeitgenosse (1971)‚Lebenslauf‘ Fritz Wiegmann (bis 50er)Fritz – Ein Jugendbildnis‚Glück in zwei Welten‘ – Fritz Wiegmann


Unterthema: KUNST UND CHINA 1936

Fritz Wiegmann, 1945 gestrandet in Hof an der SaaleChinesische Resonanz auf Wiegmanns BilderWas sind schon Briefe!! Schickt uns Ansichtskarten.‚Revolutionäre Tradition‘ westlicher Malerei – Notiz 1936Haltung und Techniken traditioneller Tuschmalerei – NotizWidmung des Malers Zhang Da Qian 1937Das chinesische Jahr – Wiegmann 1936/37Ausstellung in der Nationalbibliothek Peiping 1936Wanderer im Mondlicht – NotizblattPekinger Notizzettel (1936)‚Wang Lu Tai‘ (Wang Yuanqi, XVII) von F.W.Hedda Hammer Fritz Wiegmann + China Landschaft FotografieZhang Da Qian und Wiegmann 1936‚Theater in Liulichang‘ – Peking 1936 (Wiegmann und zwei spätere Besucher)DER SPATZ Tuschzeichnung von Ch’en Po-yang (XVI) (F.W.)Naive Begeisterung oder aufgeklärte Indifferenz?


Unterthema: KÜNSTLER IN DER NACHKRIEGSZEIT

Exil in Palma de Mallorca und Peking. Vier Gemälde, zwei Zeichnungen.Fritz Wiegmann Porträts amerikanischer Soldaten – Leroy Schauder Juli 1945Fritz Wiegmann, 1945 gestrandet in Hof an der SaaleWiegmann abseits des „Kunstbetriebs“ NEUWieder ‚jung‘ in der ‚Galerie der Jugend‘ Hamburg 1947Alter Lehrer, alter SchülerIn der „Galerie Kronberg“ im Januar 2001


Unterthema: KÜNSTLER IN VORKRIEGSBERLIN UND EXIL

Exil in Palma de Mallorca und Peking. Vier Gemälde, zwei Zeichnungen.Fritz Wiegmann . Bühnenbilder zur „Zauberflöte“ . Nicht nur FragenZwischen Stilleben und Landschaft – Taschenalbum 1932 (aktuell!)Fritz Wiegmann – Stilleben – Zwei kubistische Bilder von 1928 aufgetaucht !Wiegmann and the Gallery John Becker, N.Y.C. (English version)„WELT DER BILDER“ – TRETEN SIE EIN, WIEGMANN !Wiegmanns Porträts auf Mallorca und in Hof/SaaleEdwin Denby tanzt durch Fritz Wiegmanns LebenCarl Linfert – „Reiz der Dilettantenbilder“ (F.Z.1932)Amerika! – John Becker, 520 Madison Avenue N.Y.C.‚Revolutionäre Tradition‘ westlicher Malerei – Notiz 1936


Unterthema: PROJEKT SPÄTWERK LANDSCHAFT

‚Das hässliche Entlein’ unter Wiegmanns Beatenberg-Studien: L 76Berner Alpen – Naturschönheit durch Malerei „suggerieren“!Wiegmanns ‚realistische’ Behandlung der BerglandschaftExpressionistische Wetterdramatik am „Dreigestirn“, im Justi-Tal und am ‚Känzeli‘Fritz Wiegmann Ölstudien im Bergwald 1964 – 1971 – im Nachtrag SkizzenSignaturen bei Fritz WiegmannFritz Wiegmann Ölstudien vom Thunersee (Kanton Bern)Berner Oberland – Fremde Panoramen für Wiegmanns Landschaftsstudien„Max Liebermann – der deutsche Impressionist“ (1995) LektüreFRITZ WIEGMANN – UNTERSCHIEDLICHE PERSPEKTIVEN AUSPROBIEREN – Sieben LektürenAlter Lehrer, alter SchülerIm Alter sind es „keine Skizzen!“ (Wiegmann)


Alter Lehrer, alter Schüler – Ratschläge am 27. Nov. 1972

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Der Adressat des Briefs, Floryan Zgainski,  überlebte Wiegmann um siebenundzwanzig Jahre. Er hob das Blatt sorgsam auf. Ob er die Ratschläge seines Freundes und Lehrers beherzigt hat?  Als langjähriger Spezialist für die Farbreproduktionen des DuMont Kunstbuchverlags Köln hatte er ein gutes Auge. Er malte gern Landschaften bei seinen Aufenthalten  in Oberitalien. (….)wiegmann-zacke-lehrbrief-1972

Transkription des ersten Teils

Lieber Zacke, ich hoffe Du bist mir nicht böse, dass ich in einiges hineingeschmiert habe! Hauptproblem ist das Grün, ich finde es sollte nicht ins Braun (ins Grau nur bei den Oliven) gehen. Schau mal im Museum den Liebermann an, oder den Manet. – Ich finde Du bist auf gutem Wege. Mach weiter. – Bitte vergiss das Farbfoto oder mach mal eine Grisaille /Malerei in grauen Farbtönen/, die Du nachher tönst! Das Foto wird dem Grün nicht gerecht.

Aber das ist Empfindungssache, wie überhaupt: man sollte gar nicht ans „Bild“ denken und nur Erinnern was man gesehen und was einen gefreut hat. Je mehr du Varianten machst (nach den Skizzen) umso besser, umso freier kannst Du arbeiten und von selber kommst Du zu Deinem persönlichen Produkt. Noch eins: Du malst sehr zu akkurat, lass manches auch mal ungeklärt und ohne „Retouche“- vielleicht auch Grund mal stehen lassen, und gelegentlich Kontraste riskieren. Palette noch reduzieren: weg Preuss/isch/ Blau und möglichst nur ein gelb, Siena natur statt Ocker (Anilin) und Rot möglichst Erdfarben – So, das ist was olle icke dazu meint. Du kannst es auch ganz anders machen. Hauptsache, dass Du dran bleibst ohne Frage ob es „rentiert“ oder was man mit den fertigen Sachen macht – das findet sich dann schon später!  

Ich hatte einen etwas besseren Befund, es dauert aber noch lange, vor dem Frühjahr keine Pläne.  (…..)  Damit er noch weg kommt mache ich Schluss mit dem Brief. Alles Gute und herzlichste Grüsse Euch beiden                 Dein Fritz

Danke für die Malpappen und Blätter >>

Große Künstler unterstützen Wiegmann, lese ich bei Zbigniew Herbert und Niklas Maak

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Zwei Gelegenheiten für Fritz Wiegmann :  1933…..

Mit Ende Zwanzig war Fritz Wiegmann an einen Punkt gekommen, wo er als Kunstlehrer und populärem Ausstellungsdesign im Team engagierter Sozialmediziner erfolgreich war („Gesunde Nerven“ LINK). Seine kleinformatigen kubistischen Stilleben waren perfekt und erreichten New York (LINK).  Er versuchte sich überzeugend in Theaterdekoration (LINK). Von seinen figürlichen erotisch aufgeladenen Kompositionen, die ich in Reproduktion gesehen habe, würde ich das allerdings nicht sagen (LINK später). Lauter Sackgassen im Schicksalsjahr 1933. Und der junge Mann suchte sich Hilfe ‚an höchster Stelle‘, bei den „alten Meistern“.

Ich bemühe mich seit langem, Wiegmanns Ringen um seinen persönlichen Stil nachzuvollziehen. Im bereits früher zitierten Interview des Peiping Chronicle Anfang 1936 beschrieb er seine Situation so:

* Peiping Chronicle 16.2.1936   Ausschnittthe-peiping-chronicle-16-2-1936-ausschnitt

„….. Die spanische Schule des Velasquez, die französischen Schule Cezannes und die italienische da Vincis waren für ihn Offenbarungen. Deren Studium brachte ihn dazu, sich ihrer Führung und Inspiration zu überlassen und der Schule der Moderne, die er kannte, den Rücken zu kehren. Auf seinen Reisen durch diese Länder nahm er die moderne Entwicklung von diesen alten Meistern aus in den Blick, und er entwickelte das größte Interesse an ihrer Wirkung auf die Kunst der Gegenwart. Als Resultat machte er eine Synthese alles dessen und entwickelte seinen persönlichen Stil.

 

Zbigniew Herbert (1924 – 1998)

Ein „das Seelchen“ betitelter Essay von Zbigniew Herbert – genauer ein Textauszug in der regierungsamtlichen Broschüre „Herbert“ zu Ehren dieses polnischen Intellektuellen und Dichters – führt uns auf einen gedanklichen Umweg, der lohnt.

EINE DER TODSÜNDEN DER ZEITGENÖSSISCHEN KULTUR IST, DASS SIE kleinmütig einer frontalen Konfrontation mit den höchsten Werten aus dem Wege geht. Und auch die arrogante Überzeugung, dass wir auf Vorbilder (sowohl ästhetische wie auch moralische) verzichten können, denn unsere Lage in der Welt ist angeblich außergewöhnlich und mit nichts vergleichbar. Deshalb lehnen wir die Hilfe der Tradition ab, versinken immer tiefer in unsere Einsamkeit, graben in den dunklen Winkeln unserer verlassenen Seele.

Es besteht die falsche Meinung, dass Tradition so etwas wie Erbmasse ist, die man automatisch erhält, ohne Anstrengung, deshalb sind diejenigen, die gegen Vererbung und unverdiente Privilegien sind, gegen die Tradition. Allerdings erfordert jeder Kontakt mit der Vergangenheit Mühe und Arbeit, die außerdem schwierig und undankbar ist, denn unser kleines ,,Ich“ schreit und wehrt sich dagegen.

Ich habe mir immer gewünscht, dass mich der Glauben nicht verlässt, dass große Geisteswerke objektiver als wir sind und dass sie uns beurteilen werden. Jemand hat richtig gesagt, dass nicht nur wir Homer lesen, die Fresken Giottos bewundern, Mozarts Musik hören, sondern dass Homer, Giotto und Mozart uns betrachten, uns hören und unsere Selbstgefälligkeit und Dummheit wahrnehmen. Arme Utopisten, Debütanten in der Geschichte, Brandstifter von Museen, Vernichter der Vergangenheit, die jenen Wahnsinnigen ähneln, die Kunstwerke zerstören, weil sie ihnen nicht ihren Frieden, ihre Würde und ihre kühle Ausstrahlung verzeihen können.

Das Seelchen lAuszug, in:) Das Labyrinth am Meer (2000, S.91, Übersetzer ungenannt)

Wiegmann konnte 1933 noch nicht wissen, welchen Preis er in der Nachkriegszeit für seine Entscheidung zur Unabhängigkeit zahlen sollte: Unsichtbarkeit

 

….. und  1964

Niklas Maak ( FAZ vom 21.8. 2003)

Die Strichstreiche der Genies“ betitelte Rezension von Niklas Maas einer Ausstellung im Palais Rohan, Straßburg von Ölskizzen des achtzehnten Jahrhunderts ist nicht nur eindrücklich illustriert ( Foto Katalog aus der Ausstellung „Triumph der Geste„).

Seine Begeisterung über die der Verborgenheit entrissenen zwei Jahrhunderte alten „Ölskizzen“ ansteckend,  rhetorisch im Kleid des üblichen Fortschrittsoptimismus: Untertitel „Hier beginnt ja schon die Moderne“.

Maak kontrastiert  in temperamentvollen Bildbeschreibungen  mutige „Entwürfe“ und „fertiges Bild„,  er registriert den „Verlust der Leichtigkeit“ bis hin zur schieren „Lustlosigkeit“ bei der „langwierigen Ausführung“ für ein „Publikum“, das (…) kein Verständnis für Unfertiges hatte„, angeblich „anders als der heutige, von der Moderne geschulte Betrachter, der die Abstraktionskraft der Skizzen als eigentliche künstlerische  Leistung feiert„.

Anstelle des „geschulten Betrachters“ treffe ich häufiger auf den „beschulten“, welcher weiß, wie man in der jeweiligen Ausstellungsumgebung als Kunstkonsument korrekt zu reagieren hat. Ist „Abstraktion“ per se „Fortschritt“?  Wiegmanns Landschaften haben – etwa in „Kunsthandlungen“ – noch keineswegs von dieser ‚modernen‘ Wertschätzung profitiert. In der Kunstbetrachtung ist vielleicht das gedankenlose Fortschrittsdenken kombiniert mit der Vorstellung himmelstürzender „Kunstrevolutionen“ (LINK) – unausrottbar.

DER NACHLASS VON FRITZ WIEGMANN 1973-2024

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Der Post wurde das vorige Mal aktualisiert am 23. Dez. 2022, ergänzt 30. Juli 2024

WAS GESCHAH DAMIT ZWISCHEN  1973 UND 2022 ?

Der Künstler, Lehrer und Sammler Fritz Wiegmann hat wenig dafür getan, sein Leben zu dokumentieren. Aber er hat  seinen persönlichen und künstlerischen Nachlass 1973 dem Freund und Schüler Willi Schmidt übergeben, dessen Familie beides fast ein halbes Jahrhundert gehütet hat. Ein weiterer Freund und ich durften die chinesischen Sachen, vor allem chinesische Volkskunst,  unter uns aufteilen. Das Museum für ostasiatische Kunst in Köln und das Weltkulturenmuseum in Frankfurt veranstalteten Ausstellungen. In Köln erschien 1984 ein Katalog und in Frankfurt unter meiner Mitarbeit das Katalogbuch „Bilder vom Glück“ (Frankfurt 2002) Meine biografische Skizze  schrieb ich nach Notizen und aus der Erinnerung an persönlichen Erzählungen. Wir hatten in den wenigen Jahren unserer Freundschaft  aber vor allem die Liebe zu China  geteilt, wohin ich selber 1973 reisen konnte. Nach seinem Tod ende des Jahres studierte und propagierte ich dreißig Jahre lang seine Sammlung chinesischer Volksdrucke, die zu seinen Lebzeiten kein angefragtes Museum haben wollte.

2016 übergaben die Töchter Willi Schmidts dem Institut für Stadtgeschichte in Frankfurt (ISG) zusammen mit dem persönlichen Nachlass ihres Vaters auch ein ‚Köfferchen‘ Wiegmanns. Ich durfte seine Erschließung übernehmen. Ich erfuhr viel mehr Details aus Wiegmanns Biografie und seiner Kunst. >>

‚Glück in zwei Welten‘ – Fritz Wiegmann

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Annäherung an den Künstler und Sammler Fritz Wiegmann, der mir China zwischen 1969 und 1973 nahegebracht hat. Für das Katalogbuch der Ausstellung:  „Bilder vom Glück – Chinesische populäre Grafik aus dem 20. Jahrhundert“, Museum der Weltkulturen Galerie 37, Frankfurt am Main 2002 habe ich eine biografische Skizze unter dem Titel ‚Glück in zwei Welten. Annäherung an den Künstler und Sammler Fritz Wiegmann‘ verfasst.       Manuskripttext ohne Illustrationen.

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