Edwin Denby tanzt durch Fritz Wiegmanns Leben

|

 

Nachlass wiegmann 9 x 6

Nachlass wiegmann 9 x 6

 

Edition: Random House Apr.1986 Vgl. Link Vgl.

Edition:
Random House Apr.1986
Vgl. Link

 

 

 

 

 

 

Edwin Denby (1903 – 1983)

Seine Biografie  den leicht erreichbaren Internetquellen nacherzÀhlen?  Ich fasse mich kurz:

Amerikanischer Diplomatensohn, der aus der Art schlĂ€gt, statt Harvard zu absolvieren, sich in Europa einer Psychoanalyse unterzieht und in Wien sich zum TĂ€nzer ausbilden lĂ€sst. Seine Kindheit hat er bereits mit den Eltern in Wien verbracht. Er lebt bis 1934 hauptsĂ€chlich in Deutschland, reist ein paar Jahre erfolgreich mit der Truppe der Mary-Wigman-SchĂŒlerin Claire Eckstein. Ein Kenner moderner Kunst, tĂ€tig fĂŒr die Galerie John Becker aus der ehrgeizigen New Yorker Kunstszene. 1935 wechselt er mit einem Lebenspartner aus der Schweiz in die USA und reĂŒssiert in New York als namhafter Dichter und einflussreicher Tanzkritiker. Er schreibt und bearbeitet TheaterstĂŒcke und tritt zwischen 1936 und 1972 in einem Dutzend Filmen auf. Er stirbt im Juli 1983 mit 80 Jahren.  Das Netz ist voller BeitrĂ€ge und lobender ErwĂ€hnungen.

VorlÀufige Bemerkung zu zwei Wikipedia-EintrÀgen

– fĂŒr deren  Verlaufsgeschichten habe ich jetzt keine Zeit.

Ich war gespannt auf Unterschiede in der PrĂ€zision und hĂ€tte generell – Amerikaner – sie eher bei dem angelsĂ€chsischen Artikel vermutet. „Failed to graduate“ in Harvard, sagt dieser lakonisch, der deutsche hingegen: „Das Studium in Harvard brach er hingegen nach zwei Versuchen ab und kehrte nach Europa zurĂŒck, wo er auf eine aufgeklĂ€rtere Einstellung gegenĂŒber seinem Naturell hoffte.“ Da war also doch was, nicht bloß ‚Versagen‘!

Der Arme! Bereits zehn jahre spĂ€ter revolutionierten eine Handvoll Rebellen aus Harvard die Kunstszene der OstkĂŒste. Die fĂŒnf „Patron Saints“ grĂŒndeten an Harvard eine „ballet school“ und dann das New York City Ballet, wurden zu Geburtshelfern des MOMA. (Nicholas Fox Weber: Patron Saints, Alfred A. Knopf 1992,1995)

Die angelsĂ€chsische Wiki-Version lĂ€sst auch die Psychoanalyse gegen Depressionen außen vor und rettet sich erst ‚1935‘ mit einem kĂŒhnen Sprung aus der peinlichen Situation: Ohne die Ursache der Notwendigkeit fĂŒr ein Passfoto zu erwĂ€hnen, kommt sie gleich zur Sache: „Looking for someone to take his passport photo, he encountered photographer and filmmaker Rudy Burckhardt in Switzerland in 1934, and the two remained inseparable for the rest of Denby’s life.“ Ästhetisch ist Musical-QualitĂ€t nicht abzustreiten! Aber bei aller oft Ă€rgerlichen ‚deutschen‘ Korrektheit, manchmal hilft sie auch durch schwierige Entscheidungen.

 

 

Wiegmann

Denby,Copeland auf Postkarte 1936 P.Wiegmann war in seiner Berliner Zeit mit ihm befreundet.  In seinem Nachlass finden sich nur wenige Spuren: zwei PortrĂ€tfotos, eine ErwĂ€hnung durch den Galeristen  John Becker gegenĂŒber Wiegmann und ein paar „wonderful“ auf dem RĂŒcken von Bild-Reproduktionen, schließlich eine ErwĂ€hnung in einem Brief aus Peking 1936 (Link), worin er Denbys Zufriedenheit  mit der RĂŒckkehr nach New York und mit neuen Aufgaben registriert.

Am Ende seines Pekingaufenthalts 1937 wĂ€re Wiegmann gern ĂŒber die USA nach Deutschland zurĂŒckgekehrt, , aber das Projekt erwies sich als zu teuer.

In seiner Malerei dieser Jahre fallen mir hÀufiger mÀnnliche Gestalten auf, die tÀnzerisch aufgerichtet choreografisch zusammenstehen oder gemeinsam am Boden lagern. Zugleich sind es Studien nach Paul Cezanne.

Foto einer Arbeit 1934-36

Foto einer Arbeit 1934-36

Cezanne Männerstudien Beyeler 2009

Cezanne Männerstudien Beyeler 2009

 

 

 

 

 

 

Freundeskreis

Klaus TĂ€ubert gab mir jĂŒngst Hinweise zu einem ganzen Freundeskreis. ich kann sie jedoch fĂŒrs erste nicht weiterverfolgen. Hiermit möchte ich Ausgangspunkte markieren, die mir oder anderen kĂŒnftig nĂŒtzlich sein können.

Er schrieb mir am 17. April :

Denby war in Berlin ein Freund Hellmerts und kam durch diesen in Kontakt mit einer ganzen Gruppe von Literaten aus dem Klaus-Mann-Kreis. In den TagebĂŒchern KMs wird Denby hĂ€ufig genannt, zuerst einmal 1931, dann Anfang 1932. Immer in Zusammenhang mit Kabarett. Denbys Frau war die TĂ€nzerin Claire Eckstein. Im Januar-Programm 1933 des politischen Cabarets von Erika Mann, „PfeffermĂŒhle“ treten beide mit zwei TĂ€nzen in MĂŒnchen auf. SpĂ€ter wohl nicht mehr, auch nicht in den USA, wo die „PfeffermĂŒhle“ ĂŒberdies ein finanzieller Flop war. Die Amerikaner verstanden sich nicht auf die Form des politischen Kabaretts. Die Frage war immer: Wo bleiben die Girls?‘ 

3 Jahre spĂ€ter am 8.11.36 heisst es im Tagebuch Klaus Manns: „Besuch von Denby bei E.(rika). Begabt, hager, grau an den SchlĂ€fen und ziemlich nĂ€rrisch.“ Viel mehr geben die TagebĂŒcher nicht ĂŒber Denby preis. Klaus Manns Journale sind allerdings alle sehr gekĂŒrzt, aus rechtlichen GrĂŒnden; möglich, dass spĂ€ter einmal der ganze grosse Rest erscheint. Obwohl also KM nicht ausfĂŒhrlich ĂŒber D referiert, hat er doch die Person Denbys in seinem grossen Exilroman von 1939, „Der Vulkan“ in der Figur des „Kikjov“ einen Hauptpart zugeschrieben. Lesen Sie es bitte selbst. Allerdings hat er D. zusammen mit dem sĂŒdamerikanischen Lyriker Theo Villeneuve verschmolzen, einer seiner Lieben in jener Zeit. Fred Kroll und ich haben ihn lange gesucht und irgendwie nie richtig gefunden.“Theo“ gehörte wohl auch zu den Freunden AndrĂ© Gides.

Ja, Hellmert hatte bestimmt dandyhafte ZĂŒge. So lebte er im französischen Exil in einem kleinen Hotel, und es war wirklich eins, keine Absteige. Und vor allem lebte er vom Geld seines Vater, des einstigen Bankiers Kohn.

Was fĂŒr einen „ungekĂŒrzten Text“ von Hellmert wurde denn im Internet angeboten? Er hat ja nicht viel geschrieben, aber gelegentlich stolpert man schon einmal ĂŒber einen seiner Verse oder ein StĂŒck Prosa. Nachdem ich 1980 ein kleines BĂ€ndchen: „Wolfgang Hellmert – Lyrik/Prosa 1924/1934“ herausgab, habe ich spĂ€ter noch einiges an Texten gefunden.  ./. 

Zweite Seite und Schluss des Briefs  als jpg :

Täubert Brief Apr.2017.R

Bemerkung zur Resonanz 11. Sept. 2022

Wieder einen Leserkommentar bekommen, von so einem Grundschullehrerfortbildungsinstitut – Webadresse – wohl in den USA, dass der Beitrag höchst qualitĂ€tsvoll und interessant sei. Ich habe ihn weggeklickt, aus Prinzip, da eine Standardformulierung. Dabei die lange Perlenkette von hunderten Lesern realisiert. Ich sollte eine englischsprachige Fassung versuchen. Sie steht jetzt in meinem Terminkalender.

 

 

 

 

 

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert