Ein Textentwurf älteren Datums bietet doppelten Vorteil: In einer nur zum Schlechteren veränderten Situation spart er Energie, die anderswo besser eingesetzt ist, und lässt zum Nachdenken Raum. 16. November 2024
Diese Weltkarte in der NZZ im März 2023 nach einem Jahr Krieg war eindeutig:
21.3.23 nachts
Triste Neuinszenierung des Schauspiels Freie Welt im Jahr 2023! – Oder ist alles eine Frage der Beleuchtungskunst?
USA und Europa sind unwesentlich osterweitert. Aber die USA ist nicht mehr der imposante und spendable Superman von damals gegen einen totalitären imposteur (Hochstapler).
Dass die Mehrheit der Menschheit gegen uns war, konnte man erfolgreich verdrängen. Die „Vereinten Nationen“ waren ein Heimspiel mit dem einzigen Schönheitsfleck des sowjetischen Vetorechts und beiderseits des „Eisernen Vorhangs“ säuberlich verteilten Atombomben. Der europäische Aggressor war eingeschüchtert und durch Konsum stillgestellt. Auch die zuvor Überfallenen und zeitweise durch Japan ihrer exotischen Kolonien Beraubten hielten still, aufgrund leerer Hoffnungen. Im Unterschied zum in der „Dritten Welt“ verbreiteten Elend besaß man einen Sonntagsanzug und paradefähige schwere Waffen, manche besaßen auch Monarch*innen.
Es folgte eine lange Phase nachlassender außenpolitischer Spannungen in diesem immer noch „relevanten“ Kernbereich der globalen Politik, in den wohlhabensten Mitgliedsländern genutzt zu politischer Nabelschau, die sich von Grauen erregenden Katastrophen „fern in der Walachei“ nicht irritieren ließen. Eine neue noch unverbrauchte Generation besann sich „1968“ auf angeblich vernachlässigte „Werte“, die in irgendwelchen „internationalen“ Dokumenten versprochen waren, die man nur oberflächlich gelesen hatte und sogleich in rechtliche Ansprüche verwandelte. Die folgenden Generationen haben sowohl die Werte wie die völkerjuristische Verfahren als erfolgsversprechend übernommen und perfektioniert.
Siebzig Jahre später – ein Zeitraum, der die Mindestgröße einer Behandlung selbst für den hartleibigen Geschichtsunterricht weiterführender Schulen erfüllt – scheint sich die Konstellation zu wiederholen, aber wie?
Immer noch liebt uns niemand von außerhalb. Selbst die Zöglinge kolonial und post-kolonial praktizierter Bildungssystem wenden sich gegen uns.
Die Menschen des chinesischen Festlandes („Mainland“) waren zu viele, um sie auszurotten oder zu kolonisieren, sie haben sich von der westlichen Dominanz abnabeln können, unter Einsatz mehrerer maßloser „maoistischer“ Autoaggressionen. Sie beharren auf einer, eben ihrer Machtelite, die ihr aus dem 19.jahrhundert stammendes westliches Label „Kommunismus“ einfach nicht abstreifen will. Wozu auch?
In der ganzen Welt ist „Kommunismus“ eine eingeführte Handelsmarke. „Die VR China“ ist zweifellos die erfolgreichste antikoloniale Revolution. Ihre uralte bürokratische Kultur wurde nur zeitweise beschädigt und dann revolutioniert. Warum sollte der kulturell fundierte „Rassismus“ der Han-Chinesen anderswo ein Hindernis darstellen? Fremdenfeindlichkeit ist eine globale Realität, vielleicht sogar eine „anthropologische Konstante“. Als bigott werden die angeblich „wertebasierten“Europäer und Amerikaner wahrgenommen, die nicht einmal ihren eigenen Ansprüchen genügen.
Wir dürfen nicht vergessen, dass wir in den letzten sechshundert Jahren Newcomer darstellten, die vermeintlich höhere Zivilisationen allein durch ihre Gier und überlegene Waffen überrumpelten – eigentlich unbegreiflich. Unsere eigenen gesellschaftlichen Errungenschaften wurden durch unsere Repräsentanten begreiflicherweise nicht vermittelt, die Jesuiten ausgenommen, deren know-how in Indien und China wahrgenommen und genutzt wurde.
Wer sind wir heute? Wenn wir es recht bedenken, können wir uns und unsere Empfindlichkeiten selber nicht ernst nehmen. LTGB konnten bisher unter uns leben. Auch andere Individuen tragen schließlich ihr Bündel durchs Leben. ‚Der Sozialstaat‘ ist nicht nur eine junge, sondern auch eine zufällige Errungenschaft, nicht unbedingt klug ausgewogen und „gerecht“.
Was unterscheidet die vom „Westen“ privilegierte Ukraine von Syrien, Libanon, Palästina und Irak? Und so weiter. Innergesellschaftlich ist bei uns die Haltung der „Wohltätigkeit“ höchst suspekt – als Form der Steuervermeidung – aber im Außenverhältnis fühlen wir uns gezwungen, Zuwanderer aus einer „Seenot“ zu retten, in die sie sich selbstverantwortlich gebracht haben. Die Motive und Zwänge liegen außerhalb in fremden, wenn auch nicht unverbundenen „postkolonialen“ Gesellschaften.
Diese wieder ‚Dritte Welt‘ – nun umworben – ist eine eigene politische Einheit, auch wenn Millionen Menschen aus diesen Ländern sich zu uns auf den Weg machen, nur um hier ihre eigenen Lebensperspektiven zu verbessern, die ebenso westlich wie indigen zu interpretieren sind. Natürlich wandern sie ins Sozialsystem ein, warum auch nicht? Die biologischen Wurzeln illustriert uns täglich doch jeder Naturfilm auf ARTE.
Die Mehrpoligkeit der Welt hat man bei uns bloß positiv, für uns positiv interpretiert, aber sie enthält Wahlmöglichkeiten, Alternativen auch für die Anderen.
Unsere Propaganda besteht hauptsächlich aus Verschweigen. Der neue Kalte Krieg hat das Ziel, anderen die Wahlmöglichkeiten wieder einzuschränken, uns natürlich auch. Aber die Grundsituation hat sich nicht verbessert.
Beispiel in der NZZ 21.3.2023 „Chinesische Propaganda auf Swahili – wie China den globalen Süden einnimmt“ – China ist in Entwicklungs- und Schwellenländern auf dem Vormarsch. Seine Weltsicht finde dort erstaunlich viel Zuspruch, befand eine neue Studie. Katrin Büchenbacher
Eine weitere Weltkarte – ein Jahr später: „Bürgenstock-Konferenz“ (LINK) Juni 2024
RÜCKBLICK AUF EINE IDYLLE VON 2020 : „FÜRSORGLICHE POLITIK Eine Idylle am 9.9.20“
Ich sitze auf einem Platz im angesagten Nordend von Frankfurt, betrachte Gott und die Welt. Was kümmert mich eigentlich Politik? Ausgerechnet Bundespolitik, Europa- und Weltpolitik? Ich werde sie doch nicht mehr ausbaden müssen und vermag ohnehin nichts zu ändern. Zugegebenermaßen kommen schlechte Nachrichten aus allen Richtungen, nur Covid-19 ist bereits endemisch (gleich einheimisch).
Die Gedanken der Passanten scheinen ungetrübt, jedenfalls von Politik. Habe ich mich ein Leben lang umsonst aufgeregt? Mit Sechzehn wehrte ich mich noch durch Ironie: „Vielleicht existiert Freiheit nur auf Inseln“ (Mauerbau Berlin 1961) oder „Es empfiehlt sich einzuschlafen, bevor die Stromversorgung ausfällt.“ (Schülerzeitung 1963)
Doch steter Tropfen höhlt den Stein, wie man so schön sagt. Der Lockruf „Mehr Demokratie wagen“ und die leere Mahnung in der Pausenhalle „Ohne permanente Wachsamkeit keine Freiheit“, dazu die Tatsache, dass ich mit dem pädagogischen Programm „Alles zu hinterfragen“ meinen Lebensunterhalt bestritt, wie es die Mutter eines Schülers bündig zusammenfasste.
Seien wir doch ehrlich: Wir Deutschen – auch ich Jahrgang 1944 – erhielten 1948 eine zweite Chance. Handverlesene Repräsentanten durften in enger Abstimmung mit den Westalliierten eine Verfassung (Sprachregelung „Grundgesetz“) niederschreiben, worin sie stellvertretend für ihr Volk von Parias versprachen, künftig ein Leben in der recht verstandenen Freiheit der westlichen Wertordnung zu führen. Die ausgehungerte und demoralisierte Bevölkerung verzichtete leichten Herzens auf Volksbegehren und Volksentscheid und des Beibehaltung der Todesstrafe, zumal die bald wieder stärkste Volkswirtschaft des ‚dunklen Kontinents’ (Mazover) sofort ihre Muskeln zeigte. Auf das bewährte polizeiliche und juristische Personal – garantiert entnazifiziert – konnte man sich verlassen. Happyend. „Und wenn sie nicht gestorben sind …“. Natürlich sind sie gestorben…..
(Von einem Zettel abgeschrieben am 3.8.24)