Frankreich – Generalabrechnung auf einem Bierdeckel

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 <FronkRaisch>

Wie naiv ich gewesen bin! Wie naiv wir bis heute von den Medien gehalten werden. Was wussten wir Zeitgenossen von Frankreich?

Es existiert eine klare starke Kontinuität betrügerischer Freundschaftsbekundungen zwischen Deutschland und Frankreich. Eine propagandistische Dauerberieselung, ja fast ein Sperrfeuer, vernebelte das öffentliche Bild von Frankreich in Deutschland. 

Wir blieben uns fremd – daran änderten lauwarme Städtepartnerschaften, Schüleraustausche, die es anfangs ohnehin schwer hatten, Campingurlaube und Paris-Schlager – Pigaalle, Pigaale… – nicht die Bohne!  Letztere waren mit ihrer Selbstverulkung noch das Beste. Und wir sollten uns fremd bleiben.  Zu viele Leichen im Keller!  Nur nicht Deutsch lernen oder sprechen!

Mein Austausch mit einem Schüler „in Paris“ blieb Eintagsfliege. Am 14. Juli 1960 schüttelte ich nur den Kopf über die pompöse Militärparade, welche die Familie im Morgenrock vor dem Fernseher verfolgte. Das waren erzkatholische konservative Provinzler direkt vor den Toren von Paris. Der Sohn hatte sein ‚Coming out‘ im fernen Westafrika als einer der gut bezahlten Verwalter von Frankreichs post-Kolonialwährung CFA.

Für den Schüler, der sein holpriges Französisch vertiefen wollte,  war in Frankfurt nur ein Radiosender Frankreichs zu empfangen, und nur auf Langwelle. Ich dachte: Wir sind doch Nachbarn und der Pfälzer Wald ist doch kein Massiv wie die Alpen! Als Ungereimtheit erfuhr man dann von Radios, die durch die Zensur nach Baden Baden und auf den Ärmelkanal vertrieben wurden. (Und wir ereifern uns heute über Victor Orban!) Jeder Spielfilm im Kino trug seine Zensurnummer im Vorspann; wir hatten dagegen nur die FSK , die ‚Freiwillige Selbstkontrolle‘ der Filmwirtschaft. (Mehr war bei dem deutschen Kitsch auch nicht nötig).

Aber das Befremdlichste war der Zentralismus die republikanischen Wahlmonarchie mit Amtsadel, Schlössern zuhauf und Hofschranzen, Atomwaffen und agilen Geheimdiensten.

Als Kunde des Studentenkinos um die Ecke faszinierten mich die Filme der ‚Nouvelle Vague‘. Sie blieben aber ebenso exotisch und theoretisierenden Experten unverständlich wie die Filme der polnischen Generation Wajda, Munk, Kawalerowicz oder Polanski. Die entscheidenden Schlüssel fehlten uns im Westen Deutschlands.

Als Erklärer boten sich erfolgreich die französischen Linken an. Und sie tauchten Frankreich in ein rosiges Licht. Sie verklärten die Vergangenheit ihres Landes als „revolutionär“. Vor peinliche Realitäten benutzten sie als Theatervorhang die eigene „Résistance“ gegen die Nazis und ihren „Antikolonialismus“, übrigens beide ohne messbare Wirkung. Sie besangen sentimental die Zukunft,  natürlich gleich der ganzen Menschheit, deren Exilanten Paris bereits damals beherbergte.

Verfasst am 22. Juni 2021

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