Die Recherche läuft noch. Hier erst einmal meine Informationen und Fragen aus meinen Emails nach Norwegen:
„Beim befreundeten Buchhändler im Schaufenster seines Zeil-Antiquariats habe ich eine starke Kreidezeichnung erworben, die einen stämmigen Dampfer am Quai zeigt. Es stürmt und schneit, wenn ich die diagonal einfallenden schwarzen Striche richtig deute. Das Licht ist unwirklich, der Hintergrund düster bis auf einen schmalen hellen Streifen. Das Schiff trägt an der Seite das norwegische Wappen. Die Striche wurden schnell, aber sicher gezogen. Die Komposition hält einen unmittelbaren Eindruck fest. Der Fluchtpunkt der auffälligen Perspektive liegt rechts außerhalb des Bildrahmens, von wo der stürmische Wind auf das Schiffsheck trifft. Zunächst denke ich an ein Fischereischiff, einen Hecktrawler (wikipedia), dann aber an eins der Hurtigruten-Linie, wie Kong Gudroed oder MS Erling Jarl (Wikipedia).
Norbert hat die elegant eingerahmte Zeichnung aus einer der nachgelassenen privaten Bibliotheken, die er häufiger besucht, aber keine Ahnung, woher. Wie ein gewöhnlicher Entrümpler nimmt er dann als ‚Beifang‘ alles mit, was ihm angeboten wird. Er selbst ist nebenher Maler winziger Landschaften, die gerahmt im Laden stehen.
Zustand?
Unter dem Glas wellt sich das Zeichenpapier ein wenig, der Papprücken ist etwas stockfleckig und wurde über mehr als ein halbes Jahrhundert nicht mehr geöffnet. Das will ich jetzt auch nicht. Über die im Abstand von 4 bis 6 cm eingeschlagenen Nägelchen hat man rundum einen braunen Papierstreifen von 3 cm Breite geklebt.
Rahmen 1,1cm dick, Außenmaß 36×48 cm Innenmaß 33,8 cm x 45,5 cm.
Warum schreibe ich Ihnen? Das Bild spricht doch für sich und ich freue mich an seinem Geheimnis. Die fehlende Signatur sehe ich nicht als Mangel an, die dient doch, wenn nicht dem Verkaufspreis, der eigenen Eitelkeit. Was will ich also wissen?
Zuerst: Das Schiff verdeckt bis auf eine angeschnittene Lagerhalle (linksseitig) den Horizont. Mich beunruhigt, was hinter ihm verborgen ist. Das wissen Sie auch nicht, aber vielleicht kommt Ihnen das Schiff oder die Umgebung bekannt vor.
Vielleicht ist Ihnen auch die Stimmung vertraut, gerade in diesen düsteren vorweihnachtlichen Wochen. Das Schiff liegt vor Anker, regulär oder wegen Sturmwarnung? Erinnert Sie das Motiv oder die Zeichentechnik an irgendeinen norwegischen Maler?
Ich war noch nie in Ihrem Land. Ich schreibe momentan an Museen in drei Küstenorten.“
Ich habe bereits aus Trondheim eine verständnisvolle Antwort bekommen, die mir einen Verein von Fans der norwegischen Hochseeflotte empfiehlt. (Fortsetzung folgt).
