Angesichts der Aussicht, dass Zauberlehrlinge in Berlin sich nach Weihnachten wieder frech als Krisenbewältiger zur Wahl stellen, ein bisher ungedrucktes Zeugnis aus meinem ersten Corona-Jahr; Sehen Sie selbst, was daraus aktualisiert werden kann. 16.11.24
Virologen, Dämonologen, Wirologen, Wirrologen? 29.5.20
Ausgerechnet einem Virus-Spezialisten, Professor Drosten, ist man gefolgt, der auf das Virus, dessen Erforschung fokussiert ist – ich assoziiere Dämonologen oder Seuchenstrategen. Eine Filmgestalt von Fritz Lang!
Der Virologe Hendrik Streeck (LINK) dagegen aus dem lebensfrohen Bonn gibt die Wirkung auf Menschen als sein Arbeitsgebiet an. Er betont auch seine Aufgabe als Arzt und, dass jeder jeweils in dem einen oder anderen Bereich weniger gut ist. Dann die typisch kitzlige journalistische Frage nach dem Kollegen! Wer würde seine Karriere beschädigen wollen?
Ich würde Streeck immer als Arzt wählen – mein Pendant zum üblichen Beispiel ‚Autokauf’. Und in den beiden youtubes gibt er ein prächtiges Beispiel für empirische Wissenschaft ab: So können Wissenschaftler Vertrauen für ihr notgedrungen undurchsichtiges Geschäft erwerben! An der Aids-Forschung ist er gereift, vor allem was einen Impfstoff angeht. – Wie gut, dass Streeck nicht weg ins Musikmanagement gegangen ist.
Aus meinem Ethik-Unterricht erinnere ich mich an die medizinhistorische Wende um die Wende zum 19. Jahrhundert vom Patienten zur Bekämpfung der Krankheit und zur Naturwissenschaft. Auch In Karin Möllings erstem Kapitel von „Supermacht des Lebens“ (Beck 2014 LINK) erkannte ich gestern nur noch kostspielige Schlachtfelder eines endlosen Krieges. Und wenn die Waffen zu billig werden, erlahmt die Forschung. Das schreibt sie.
Diese Orientierung holt uns mit der in der Physik studierten Angela Merkel ein. Wie weit holen uns damit auch die rüden gesundheitspolitischen Konzepte des vor- und voll-nazistischen 20. Jahrhunderts ein? Ja, nur in typisch nachkriegsdeutscher umgekehrter Werte-Richtung: „Leben retten“ um jeden Preis und ohne Verstand! „Überleben“ geht über alles. Das Andere wollen wir Deutschen uns niemals mehr nachsagen lassen. Egal, was Individuen darüber denken.
Positiver Widerhall meiner Lektüre gestern: Mölling machte aus den Viren als Feinden die üblichen Konkurrenten im Horizont des Darwinismus. Pointe: Die Viren waren früher da. Auch heute hörte ich von Streeck wiederholt: Wir werden als Gattung auch mit diesem Virus koexistieren wie mit den übrigen, die unserm Organismus überdies nicht fremd sind. Eine ordentliche Minderheit von vierzig Prozent.
Am Bonner Rheinufer strahlt Streeck Gelassenheit aus – wie schon vorher Frau Mölling in einem Zeitungsinterview. Virologen beruhigen, wenn sie uns in ihre Arbeit, ihre Erfahrungen und ihre Methoden Einblick nehmen lassen. Sie kennen bereits andere Viren, sie ‚kennen ihre Pappenheimer’. Sie kennen auch alternative Vorsichtsmaßnahmen, von denen einige nützen, andere nicht. Das muss sich zeigen, aber Basisratschläge sind sowieso kein Problem. Streeck darf sogar in der Talkshow von Markus Lanz sagen, man sollte dem Virus Zeit geben, damit man ihn kennenlernen kann, nicht eine Beschränkung auf die andere packen, bevor die Wirkung erkennbar wird. Streek legt Wert auf Datengewinnung und lobt Maßnahmen, die sich auf die üblichen hotspots fokussieren: Infektionswege nachvollziehen, Hochrisikogruppen schützen. Ein Kompliment für Lanz, den ich sonst nicht beachte: Er hakt nach und lässt Streeck Zeit, auch wenn er dafür die beiden anderen Talker warten lässt.
Offen gesagt: Die politischen Instanzen wurden von ihrem eigenen Gruppenegoismus – Absicherung gegen „Verantwortung“ jeder Art – zu extremen Fehlentscheidungen mit hohen Kollateralschäden verführt, die sie nun wiederum mit halsbrecherischen finanz- und haushaltspolitischen Maßnahmen zu verbergen suchen – „mit dem Geld Dritter“ wie immer. Die alarmistische und flächendeckende Strategie der Politik, in ferngelenkten Medien choreografiert, könnte ihnen in Deutschland noch vor die Füße fallen, angefeuert durch immer mehr unsinnige provisorische Regelungen, was Kindergarten, Schule, Universität, Kultur überhaupt angeht! Denn nach den Hosenschissern in der Politik übernehmen die in der Verwaltung; die fürchten ja sonst nichts außer drohenden Regressforderungen. Die Lehrer*innen sind wieder vornedran, was die Risikovermeidung durch ‚Arbeitsschutz’ angeht. Pädagogen!
Schweden war mir seit langem als Land protestantischer Sauertöpfe und Prinzipienreiter und natürlich als ungefragt duzendes ‚Ikea’ unsympathisch – Aber jetzt haben die Schweden meine Achtung. Sind etwa Rechtsradikale oder Freidenker an der Regierung?
Ich kriege Angst, aber nicht wegen des Virus, das im Winter vielleicht schon als jahreszeitliche Plage zurückkehrt.