Als moderner Candide bei den Senufo. Nachwort 2018 zum Reisebericht

|

Im März 2018

Hier die Links zu den Kapiteln: (1)   (2)   (3)    (4)    (5)

Endlich schaffe ich es, den Reisebericht 1985 von der Elfenbeinküste abzuschließen. Das dritte Kapitel von den Senufo war am kniffligsten.

Geholfen hat mir Till Försters Habilitationsschrift von 1997. Darin erzählt er in enzyklopädischer Gründlichkeit von den Institutionen und dem Leben in den Dörfern der Senufo und ihren Veränderungen im 20. Jahrhundert. Was in den Scheinwerferkegel gerät, steht zuverlässig im Hellen. Mit ihrer hoch auflösenden Optik macht die Studie noch den letzten Stuhl im Haus und Gesprächsfetzen wie einzelne Redewendungen sichtbar. Auftretende Individuen gewinnen in diesem Licht nicht nur biografische Konturen, auch ihre Entscheidungsspielräume werden deutlich. – Nach der Lektüre sehe ich eine Zeit lang die Welt anders, bevölkert von Individuen statt von Klischees und Mannequins, selbst beim Durchblättern eines trivialen FAZ-Magazins.

Till Förster „Zerrissene Entfaltung – Alltag, Ritual und künstlerische Ausdrucksformenim Norden der Côte d’Ivoire“ (Frobenius-Institut: Studien zur Kulturkunde 107, Rüdiger Köppe Verlag Köln 1997, 599 S., illustriert)

Förster hat seine Kenntnis und das Verständnis über zehn Jahre den Leuten abgerungen, durch Mitmachen, geduldiges Verfolgen der Gespräche, durch Fragen und Nachfragen in ihrer Sprache. Er wusste am Ende mehr als der Durchschnitt der Initiierten je wusste.

Ich hingegen zog durch diese Welt wie ein Großes Kind, irritierte die Leute, eckte an, aber hatte immerhin Kontakt, und ich schrieb auf, was ich hörte, sah, sagte und dachte. Försters Studie  tröstet mich heute: Was hätte ich denn besser machen können? Welche Chance hatte der  Durchreisende? So blieb mir zum Beispiel die Rivalität Senufo – Diula verborgen, ebenso wie die Bedeutung des Eigennamens oder die biografischen Übergänge von einer Gemeinschaft zur anderen. Doch ich bin auch nicht mit dem Notizblock im Dorf herumgelaufen, um Erbsen zu zählen. 

*

 

Die folgende Zusammenstellung von Zitaten aus dem „Bericht von der Elfenbeinküste (3): Senufo soll Ansatzpunkte zum Weiterdenken bieten – Textzitate sind  kursiv gedruckt:

Ich meide inzwischen die fonctionnaires. Bei den Lehrern war ich wieder dort, und wieder als Ausgangspunkt. Das Milieu war mir vertraut.

Fragen: Was war die tiefere Schicht, die ich mit Assita buchstabierte? Was machte die wachsende Unbehaglichkeit aus? Hatten die Kindheitserfahrungen der im einführenden Dialog erwähnten ländlichen Verwandten im katholischen Rheinland damit zu tun?

Warum gelang mir der Text über den Ancien nicht? Weil der Vermittler fehlte, der empathische interprète, der in Worte gefasst hätte, was zwischen uns passierte.

So entstand meine Verwirrung über gespürte und gewünschte Nähe und unüberbrückbares Distanz!

Abschnitt Abrechnung mit dem afrikanischen Dorf

Die Unsicherheit des Dorflehrers nach drei Jahren – seinen Bildungsgang der Entfremdung nicht vergessen! Wem stellte er mich vor? Dem Kollegen, dem Schmied; der Ancien und andere kamen ins Haus.

Seine Rolle, wenn er sich in meinen Augen streng bäurisch verhielt, mich als Aufpasser und guide einpferchte, war die Pflicht des Gastgebers. Er tat das stellvertretend. Niemand hatte mir gesagt, zuerst zum Oberhaupt zu gehen und ich ging auch nicht! Ich traf die Alten wohl erst am letzten Abend. Da boten sie mir – als Freund von KH Krieg – eine Figur an.

Sein Umgang mit dem Frankfurt-Heft in deutscher Sprache Wie weit war für ihn Abidjan?

Der mit K.H.Kriegs monografischer Broschüre. Die Scherze der Alten hat er mir damals nicht übersetzt.

Man muss nicht alles aufrechnen. Wollte ich das?

 

Abschnitt Von Anfang an… bis Besäufnis beim Abschied

Buschtaxi Moped

Peul-Frau und Kinder; Geschäftsbeziehung mit Nomaden; man verständigt sich auf Diula, man hält Distanz – was ich nicht akzeptierte. Doch damals bewunderte ich auch die Großzügigkeit der Bauern. Foto

Um 5 die Fufustampfer gehört, um halb acht herausgescheucht! Mir fiel nichts auf

Malaria und Alkoholproblem?

Sommerferien der verwandten Schülerin, die sonst in Abidjan lebt: Ihr ganzes Verhalten, auch die Sprache, drückt Unzufriedenheit aus Foto

Wahlniederlage des von den Alten empfohlenen Kandidaten; ansonsten sagt man ja ja ja. Ha, ein Krisensymptom!

Kontrastierende Fröhlichkeit der beiden Hausfrauen

KH Krieg lebt im Bus und kommt immer nur kurz vorbei, spreche inzwischen wenigstens verständliches Französisch. Auch damals ernüchternd. Hielt seine Broschüre eigentlich, was sie versprach? (Karl-Heinz Krieg/ Wulf Lohse „Kunst und Religion bei den Gbato-Senufo, Elfenbeinküste“, Selbstverlag Hamburgisches Museum für Völkerkunde 1981)

Erwerbungen beim Schmied; Reineisen und Alteisen; Töchterchen am Blasebalg Foto

Siesta, die Tür wird mir geschlossen.

Die Leute arbeiten hart…

… bitten sich entfernen zu dürfen, um sich zu waschen – ich bin nie zu ihnen aufs Feld gegangen

Konate liebt Kaffee, aber die Familie sei zu groß

Leute zogen in Häuser ein, die gar keins im Feuer verloren hatten

Indochinakrieg-Veteran würde wieder in den Krieg gehen, aber mit Schulbildung etwas daraus machen; die Bauern wollen ihn nicht hören, spricht nur noch mit den Alten

„Sonntag“ d.h. Erinnerung an die Negermama mit Küchlein im Kinderbuch

Schreiben ist an sich schon verdächtig … ich sitze also weiter untätig herum

Das Trinkritual mit dem kreisenden Glas,

Verbergen ist verboten (die geschlossene Hand mit dem Bonbon)

 

 

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert