Wurde um zwei Masken gekĂŒrzt am 13.Juli 2024 ; LINK zu einer Ausgliederung   Â
Auch der dritte Blog zum Thema „Tetela und Nachbarn“ geriet wieder komplex, ich schob die Veröffentlichung bis zum 18. Mai hinaus. Doch de Heuschs Diskussion einer gröĂeren Zahl von BelegstĂŒcken lĂ€sst uns in seltener Offenheit Einblick in die ethnografische Recherche-Arbeit gewinnen. Dass sie auf so schmaler Informationsbasis gefĂŒhrt werden muss, war mich selbst eine Ăberraschung. Doch auch die Polemik de Heuschs ist schĂ€rfer als gewohnt.
Der Aufsatz war ein GlĂŒcksfall fĂŒr die Sammlung: Ich konnte fĂŒnf erworbene Masken darauf beziehen. Und meine Leser waren freundlich: „41 hits“. Doch als am 30. September eine sechste Maske dazu kam, entschloss ich mich, die Beschreibungen von vier der Masken in einen eigenen Beitrag auszugliedern (LINK). An ihrem vorigen Platz verbleiben nur die DREI, das heiĂt die AnaWaKasongo, die NULL (frĂŒher erworben) sowie Abbildungen der vier „TEMPA“-Masken.
Warnung: Das VerstĂ€ndnis des Blogs „TEMPA – Das Geheimnis des „Pseudo-Tetela-Masken“ ist damit immer noch nicht ganz voraussetzungslos: Personen, Ărtlichkeiten, Institutionen und genealogisch verknĂŒpfte Gruppennamen mĂŒssen Sie vielleicht in den beiden ersten BeitrĂ€gen nachschlagen, so wie ich das das auch manchmal tue (LINK 1, LINK 2)Â
Die Vergleichsabbildungen ĂŒbernehme ich direkt aus seiner Studie und weiteren Publikationen. (Erinnerung: Abbildungen lassen sich vergröĂern! )
Die Ăbersichtskarte von 1911 ist noch nicht ideal. Die RDC ist eben kartografisch eine WĂŒste, als ob die Dörfer immer noch ruhelos wandern wĂŒrden.
Grenzdörfer am Sankuru werden Anlass zu einem Richtungsstreit
Ob die umstrittene Zuordnung âSunguâ oder âTempaâ ĂŒberhaupt den Eifer wert war, kann man bezweifeln. So wie de Heusch 1995 die politisch extrem aufgespaltenen âTetelaâ mit ihren zahlreichen AuĂenkontakten schildert, ist die ‚richtige‘ Zuordnung von ein paar Masken, die in ein paar Dörfern um 1910 unter nicht nĂ€her geklĂ€rten UmstĂ€nden erworben wurden, weder sehr wichtig, noch erfolgversprechen.
Bereits die ErwĂ€hnung der fĂŒr ihre Nkishi-Fetische und Kifwebe-Masken weltberĂŒhmten âSongyeâ ist fĂŒr Sammler eine kleine Sensation. Doch die Masken, um die es geht, passen nicht ins Stilschema, und die Hersteller waren eben âTempaâ, eine geografisch und sozial unbedeutende Randgruppe der âSongyeâ.
FĂŒr zwei meiner frisch erworbenen âTetelaâ finde ich sofort eine schöne Vergleichsabbildung, kommentiert von Luc de Heusch in âAfrika â Die Kunst eines Kontinentsâ (Ed. Tom Phillips) . Der eindrucksvolle und unkonventionelle Ausstellungskatalog erregte bereits 1995 (London) und 1996 (Berlin) Aufsehen. Sein hochkarĂ€tiges Team bewies Interesse an wissenschaftlichen Kontroversen und gab so de Heusch die Chance, seine brandaktuellen Studienergebnisse auf groĂer BĂŒhne vorzustellen (no. 4.53, S.281).
Doch ihm fehlte bei aller gebotenen KĂŒrze der nötige Abstand zur eigenen Studie. Ihn interessierte vor allem das Mitschleppen einer fehlerhaften Recherche ĂŒber achtzig Jahre Ethnologie und der eigene Nachweis der Fehladressierung.
De Heusch war auch als CinĂ©ast und linker Freigeist AuĂenseiter, vielleicht deshalb strenger mit der Zunft. Insbesondere lieferte er sich eine persönliche Fehde mit dem Stilpapst Francois Neyt. Wen auĂer Fachkollegen wĂŒrden solche BeweisfĂŒhrungen interessieren?
KATALOGTEXTÂ UNDÂ OBJEKTABBILDUNG
âPhillips: Afrika â Die Kunst eines Kontinents  Prestel Berlin 1996  no.4.53 Höhe 160, The Trusties of the British Museum, London, 1979 no. AF.1.2397 (Text der deutschen Ausgabe)
âDie Tetela-Hamba aus dem noÌrdlichen Kasai (bei denen ich mich 1953 und 1954 aufgehalten habe) verwenden keine Masken – weder die Gruppen, die in der Savanne leben, noch die Waldbewohner – trotz der von Kunsthistorikern hartnaÌckig vertretenen gegenteiligen UÌberzeugung.
Dieses MiĂverstaÌndnis ist vor allem auf den ungarischen Ethnographen Emil Torday zuruÌckzufuÌhren. Die Sungu – genealogisch zu den Ndjovou-Tetela gehörend, vgl. Stammbaum (LINK) – bei denen er sich (1911)aufhielt, siedelten an der aÌuĂersten suÌdlichen Peripherie der Gebiete der Tetela-Hamba, in Nachbarschaft der Songye. Es bestehen kaum Zweifel, dass die sogenannten Sungu-Objekte, die Torday zu Beginn dieses Jahrhunderts sammelte, ausnahmslos der Songye-Kultur zuzuordnen sind. Eine Maske fand sich in Kasongo, âder nĂ€chstgelegenen Sungu-Siedlung zu den Songye in Tempa am Sankuru-Flussâ (Mack 1990, S.62f.). ZufĂ€llig war es ebenfalls Kasongo, wo âMajorâ John Noble White, der sich von 1923 bis 1926 in der methodistischen Mission Minga (LINK) aufhielt, eine Maske erwarb, die er einem Medizinmann der Tetela zuschrieb.“
„Es kommt somit entscheidend auf die geografische Lage von Kasongo an. Auf einer 1953 vor Ort erworbenen Landkarte des Territoriums Lubefu erscheint dieser Name als Kilolo Kasongo am fĂŒnften Breitengrad wenige Kilometer westlich des Luedi-Flusses. Diese Lage entspricht genau der eines von Frobenius Mona Kassongo genannten AuĂenpostens (Karte Nr.8, 1907). Mona Kassongo und Kilolo Kasongo sind sicher nahezu identisch. Das Dorf liegt genaugenommen nicht auf Sungu- sondern auf Songye-Gebiet. Kilolo ist ein Name, der in der Songye-Sprache (nicht jedoch in der der Tetela) ,>hervorragend< bedeutet, und Kasongo ist ein Eigenname, der nur im Songye-Gebiet weit verbreitet ist. DarĂŒber hinaus stammt auch der Begriff moadi (mwadi), den Torday den von ihm in Kasongo gesammelten Masken zuwies, nachweislich aus der Songye-Sprache.“
„Diese auĂergewöhnlich schöne Maske mit drei pelzĂŒberzogenen Hörnern ist ebenfalls mit Sicherheit eine Songye-Arbeit, obgleich sie bei Torday als ein Werk der Tetela bezeichnet wird. TatsĂ€chlich findet sich das Motiv der drei Hörner bei einem völlig anderen Maskentyp wieder, den Torday ohne zu zögern den Songye zuschreibt. Eine weitere den Tetela zugeschriebene Maske mit drei Hörnern findet sich im MusĂ©e Barbier Mueller in Genf. Neyt hat vergeblich versucht, diese Zuschreibung zu rechtfertigen, indem er einen Zusammenhang zwischen dem Drei-Hörner-Motiv und bestimmten Anschauungen der Tetela herzustellen bemĂŒht war.“        (rechte Abbildung)
TempaSongye Barbier-MuÌller 1997 p.88 Text Der angegebene pdf-Link öffnet den Begleittext des entsprechenden Katalogs!
Fortsetzung de Heusch:
 Alles deutet darauf hin, dass diese Maske wie die anderen von den sĂŒdlichen Nachbarn der Sungu, den Tempa Songye aus âšdem ehemaligen Territorium Lubefu, gefertigt wurde, einer Volksgruppe,âšdie bis heute der Erforschung harrt. Drei Masken, die 1910 vom Koninklijk Museum voor Midden-Afrika in Tervuren envorben wurden, werden offiziell den Tempa Songye zugeschrieben. Diese unterscheiden sich zwar deutlich von der hier gezeigten Maske aus dem British Museum, doch die Kunst der Songye, die man hauptsĂ€chlich durch die Werke aus den östlichen Gebieten kennt, richtet sich nicht nach einem strengen Kanon. Die Sage von den Tetela-Masken sollte nunmehr ad acta gelegt werden. LdeH“
„Literatur: Frobenius 1907; Torday und Joyce 1922, S.29,77; Hersak 1986; Mack 1990; Neyt 1992; Hersak 1995; de Heusch 1995“
Abbildung meiner „TEMPA“ Erwerbungen im MĂ€rz/Mai/Sept.23
EINSÂ Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â ZWEIÂ Â m
Der ĂŒberlebensgroĂe âkorpulenteâ Maskenkörper beeindruckt mich am stĂ€rksten. Vierzig Zentimeter max. Höhe bei 22 cm Breite und 18 cm Tiefe. Er verkörpert Macht. Die Zierkerben sind in diesem Fall breiter und flacher und mit Resten mehrerer Kaolinschichten gefĂŒllt. Hörner fehlen, aber in die Frisur sind drei kreisrunde Vertiefungen eingeschnitten. Auch wenn die andere Maske Hörner plus Vertiefungen hat, könnten diese fĂŒr Hörner stehen. W. hat keine andere Idee. ( …..  LINK)
VIER w (links)
27.7.23   w ist 37 lang, durch den breiten schrĂ€gen Rand, in den umlaufend groĂe Löcher gebohrt 24,5 cm breit, das Gesicht aber nur 21 cm breit, schmaler und gewölbter als das der Maske m.  (….. LINK)
FĂNFÂ 30.September 2023: „Kifwebe“ ja! Aber ein „Colon“?
Bilanz: Kleinheit des âKopfesâ . Hohe Konzentration und Perfektion . dichtes Holz . Ihre Besonderheit wird augenfĂ€llig im âKifwebeâ-Kontext . ProfessionalitĂ€t des Schnitzers .
(….. LINK)
FORTSETZUNG VON DE HEUSCHS AUFSATZ:
Auf S. 191 geht de Heusch auf die im Katalog („Afrika – die kunst eines Kontinents“) abgebildete Maske ein:
„Und schlieĂlich prĂ€sentiert Torday als âSunguâ einen Maskentyp von unbestreitbarem Ă€sthetischen Wert. Diesmal handelt es sich um eine Maske mit drei Fellhörnern, die zusammen mit ihrem FaserkostĂŒm an das British Museum geliefert wurde (Foto 13). Torday und Joyce geben es in ihrem Buch (1922, S. 77) wieder und John Mack widmet ihm aus gutem Grund eine ganze Farbseite seines Katalogs. Wir wissen nicht, wo dieses Hauptwerk gesammelt wurde. John Mack sagt dazu, dass das StĂŒck so beeindruckend war, dass es sofort nach dem Empfang ausgestellt wurde, noch bevor es in das Repertoire des Museums aufgenommen wurde.
ZufĂ€llig schreibt Torday den Songye eine weitere gehörnte Maske zu, allerdings ein viel gröberes Exemplar: Die Linien auf dem Gesicht sind in Rot und WeiĂ bemalt und nicht graviert, und die drei Hörner sind in Holz geschnitzt (Torday & Joyce, 1922, S.29, F.14). Radikale Unterschiede in der Anordnung der Merkmale wĂŒrden darauf hindeuten, dass die beiden Objekte nicht von der gleichen Handwerkskunst waren. Aber ihre Verwandtschaft lĂ€sst sich nicht leugnen. Der Songye-Ursprung der zweiten Maske ist unbestreitbar: Dunja Hersak hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass wir sie in der unteren rechten Ecke eines von Torday und Joyce veröffentlichten Fotos mit dem Titel âBasonge-Flötentanzâ erkennen (Torday & Joyce, 1922, S.20, Abbildung 6).
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Dennoch besteht FĂ©lix darauf, es als eine Schöpfung von Tetela zu betrachten (FĂ©lix, 1987,p. 175:8). John Mack erkennt zwar den Zusammenhang zwischen den beiden, zieht aber nicht die logische Schlussfolgerung: Er glaubt weiterhin, dass es tatsĂ€chlich eine Tetela-Kunst gibt, diese aber auf die Sungu beschrĂ€nkt ist. Er vertritt mit Bedacht die Hypothese, dass âdie Assoziationen/BĂŒnde der Sungu-Kunstâ bei den Menschen von Ober-Sankuru (in diesem Fall den Songye) zu finden sind und nicht bei den nördlichen Tetela, die laut Torday die Verwahrer einer Ă€lteren sind Kultur (Mack, n.d., S.63). Aber man muss sich fragen, wie eine Innovation, die der Nkutshu-Kultur so fremd ist, ĂŒberhaupt entstehen und sich zweitens durchsetzen konnte.“
de Heuschs Vorschlag fĂŒr die Verwendung solcher Masken.
„Die Funktionen, die Torday dieser vermeintlichen Sungu-Maske zuschreibt, sind dĂŒrftig. Die Geschichte laut Torday besagt, dass die Maske von dem Magie-Heiler Wichi, einem âMedizinâ-Hersteller, verwendet wird, der sie dazu verwendet, âum die Bevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzenâ (Torday & Joyce, 1922, S. 74). Ein bisschen dĂŒnn, muss man zugeben. Der Begriff âwichiâ sollte in âweetshiâ umgeschrieben werden. Er bezieht sich tatsĂ€chlich auf die zentrale Figur im Tetela-Hamba-Ritualleben, der sowohl Wahrsager als auch Heiler ist. Seine Hauptaufgabe besteht darin, dieses höchste Ăbel, den Schadenszauber (black magic) , zu bekĂ€mpfen. In diesem Zusammenhang ist es schwer zu erkennen, was den Weetshi dazu motivieren wĂŒrde, seine Klienten zu terrorisieren.
1954 schickte ich einen meiner Informanten zu den Sungu, um ihren magisch-religiösen Glauben zu studieren. Seine Notizen zeigen eindeutig, dass die Rolle des Weetshi genau die gleiche ist wie die seiner Kollegen unter den Ngandu und Watambulu. Der Beruf umfasst zwei Arten von Praktikern. Der Weetshi wa Shakasaka ist im Wesentlichen ein KrĂ€uterkundiger. Der Weetshi wa Diwulu nutzt unter anderem eine Wahrsager-Kalebasse, um die Quelle eines Ăbels aufzuspĂŒren. Wenn er eine böse Tat aufdeckt, die vom Geist eines Verstorbenen (odimu) begangen wurde, wird er seinen Klienten exorzieren.
Keiner von ihnen verwendet Masken oder geschnitzte Figuren.
In der gesamten Nkutshu-Zone interveniert der weetshi um den siebten Schwangerschaftsmonat als BeschĂŒtzer des Lebens : Dann fĂŒhrt er das oselo-Ritual durch, dessen Zweck es ist, den Embryo zu stĂ€rken. Gibt es einen besseren Beweis dafĂŒr, dass dieser Heiler eine positive magische Wirkung ausĂŒbt, die mit der Anwendung von Terror unvereinbar ist?
Im Gegensatz dazu wissen wir, dass bei den Zentralen Songye die Masken der mĂ€nnlichen Kifwebe-Vereinigung mit einer ambivalenten magisch-religiösen Ladung versehen sind, die oft fĂŒr politische Zwecke eingesetzt werden (Hersak, 1986). Diese Auffassung von AutoritĂ€t steht völlig im Widerspruch zur Tetela-Ideologie die ihren AnfĂŒhrern die Pflicht zur GroĂzĂŒgigkeit auferlegt und alle Formen von Zwang ablehnt.
Bei den Pseudo-Tetela-Masken handelt es sich also aller Wahrscheinlichkeit nach um Songye-Objekte, die Torday an der Grenze des Sungu-Landes gesammelt hat. Wir wissen, dass Objekte unabhÀngig von den Institutionen reisen können, in denen sie als symbolische Requisiten dienen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein einsamer Weetshi es auf sich genommen hÀtte, das Machtsymbol der Kifwebe-Vereinigung zu nutzen, um diejenigen zu erschrecken, die sich auf seine Heiltalente berufen. Das wÀre ein Widerspruch in sich.
Im Gegensatz dazu haben wir kein Problem damit, dass ein Tetela-Weetshi sich eine magische Songye-Statuette hĂ€tte besorgen sollen, um sie als WĂ€chter seines Hauses zu verwenden. Eine solche Figur erwarb White unter dem Songye-Namen âdikixiâ von einemâHexendoktorâ (witch doctor) der Tetela, der sie in Lubefu vor seine TĂŒr stellte. Diese Figur, eindeutig im Songye-Stil, befindet sich jetzt im Museum von der University of Pennsylvania (Ratner, n.d., S. 17). Aber solche Objekte existieren nicht – wie die Masken – soweit es um den Beweis der Existenz einer bestimmten Tetela-Bildhauertradition geht.
Eine weitere der Tetela zugeschriebene gehörnte Maske befindet sich in der Barbier-Mueller-Sammlung in Genf (Foto 15). Diesmal ist es ein belgischer Spezialist fĂŒr afrikanische Kunst, der die Verteidigung der Tetela-Kunst ĂŒbernimmt (Neyt, 1992). Frangois Neyt schlieĂt sich zunĂ€chst den Argumenten von John Mack an. Er glaubt mit diesem Autor, dass die Sungu âdie am weitesten von der Tetela-Waldkultur entfernten Vertreter darstellenâ (Neyt, 1992, S. 9). Wie dieser Autor weiĂ er genau, dass die Waldbevölkerung der Region keine Masken herstellt. AnschlieĂend greift er Macks Hypothese auf, wonach die Sungu diese Art von Objekten fĂŒr ihre eigenen Zwecke erfanden und sich dabei von ihren sĂŒdlichen Nachbarn, den Songye, inspirieren lieĂen. (….)“Â
Monate spÀter begegne ich auf dem Markt einem weiteren Vertreter dieses Typs
Die enge Verwandtschaft fĂ€llt sofort ins Auge. Diesmal sind sogar mit roten Fetzen Stoff umwickelte Hörner vorhanden. Doch in der Mitte signalisiert ein âNestâ aus abgebrochenen Vogelfedern und verfilztem Bananenstroh fortgeschrittenen Verfall – Ungeziefer? Im Gesicht ist die Patina aus weiĂer Kaolinpaste bei der Lagerung durch Regen und Abrieb so beschĂ€digt worden, dass kein Gesamteindruck entstehen kann. Die gestaltenden Schraffuren sind nur mit gröĂter Konzentration zu verfolgen.
Sichtbarer Verfall nimmt mir die Lust, das Objekt nĂ€her zu untersuchen, geschweige denn, den ZwischenhĂ€ndler aus Kamerun zu fragen, was er sich vom Aufwand des Transports und der PrĂ€sentation auf einem MaskenstĂ€nder versprochen hat. Die Ruine ist gerade noch fĂŒr die Dokumentation gut und dann fĂŒr die Tonne. Ich bin verĂ€rgert. FĂŒr wie blöd hĂ€lt er uns Kunden auf dem Flohmarkt? Oder begreift er einfach nicht die Mindestbedingungen, die fĂŒr benutzte und abgelegte Kultobjekte gelten, die auf irgendeinem europĂ€ischen Markt bestehen wollen?
StrohgefĂŒllte StoffwĂŒrste
Daneben liegt eine zweite interessante Maske aus derselben Gegend, die in GröĂe und Proportionen Ăhnlichkeiten zu der schmalen FĂNF zeigt, dabei in ihrer Erscheinung wild und kraftvoll ist: Geschlossene Augen sind nur durch zwei waagrechte Rillen angedeutet. Die Rillen auf dem Gesicht sind breit und flach, eine glĂ€nzende Farbschicht ĂŒberzieht die OberflĂ€che. In Höhe der Nasenlöcher sind rechts und links zwei Dreiecke eingeschnitten. Die Nase ist plump, der Mund blattförmig offen; daraus ragt eine dĂŒnne lange Zunge aus einem StĂŒck Leder. Die geflochtene Umrahmung des Gesichts ist intakt; daran sind rechts und links kurze schwarzweiĂe PerlenkettenstĂŒcke geknĂŒpft, vor allem aber sechs lange strohgefĂŒllte WĂŒrste, die sich beim Tanz schlangenartig bewegen.
Auch an dieser Maske wĂ€re der Restaurierungsbedarf betrĂ€chtlich. FĂŒr ein gut ausgestattetes Museum wĂ€re das ein lösbares Problem, aber wo existiert das? Oder wĂŒrde das kommerziell lohnen?
Andererseits dokumentieren die ZusĂ€tze der Maskengesichter noch in ihrem Verfall, was bei der ĂŒblichen Entkleidung und Reinigung seit ĂŒber einem Jahrhundert verloren geht. Ich bekomme die seltene Gelegenheit, afrikanischen Objekten aus der KultsphĂ€re in einem Zwischenstadium zu begegnen.
Noch eine BestĂ€tigung: Der Kult, von dem man nichts oder wenig weiĂ, war zumindest vor wenigen Jahren noch am Leben. Ich fotografiere die Objekte mit Erlaubnis und dokumentiere nun, was die flĂŒchtige Begegnung hergibt.
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