Der Nachlass vertieft den einen oder anderen Aspekt gegenüber dem ersten Entwurf vom 11.9.2016. Ich habe immer noch zu wenig Abbildungen, aber auch fast keine Informationen.
Mallorca 1934-1935
George Copeland, Amerikaner, Pianist
Copeland in Genova, Mallorca – Nachlass Wiegmann
P 2 – Das im Nachlass verbliebene gerahmte Porträt in Wohnungen aufgehängt, deshalb verblasst?
Fritz Wiegmann wird auf Mallorca als Porträtist bekannt. Eine besondere Rolle spielt der Auftrag des prominenten amerikanischen Pianisten George Copeland, der seinen Wohnsitz in den zwanziger Jahren an auf der Insel nahm, und sogar als Nachbar Wiegmanns im Ort Genova residierte (engl. wikipedia)
Der Bürgerkrieg vertrieb auch Copeland 1936 aus Spanien, nach Amerika. Das hier dokumentierte Bild trägt oben seinen Namenszug. Es fand auf den Veranstaltungsplakaten des Pianisten internatioale Verbreitung. Es ist auf der Rückseite als ‚Tarjeta Postal‘ (Postkarte) mit dem Firmenzeichen ‚Leonar‘ und der Ziffer 4 gekennzeichnet, also auf der Insel hergestellt.
Der Erfolg hat dem Bericht im „PeipingChronicle“ vom 17. Februar 1936 zufolge (weiter unten) Wiegmann für dieses Feld der Kunst begeistert. In einem ‚Lebenslauf‘ spricht Wiegmann von zahlreichen ‚Folgeaufträgen‘.
Llorenc Villalonga
Im April 2017 erhalte ich ein weiteres starkes Porträt zugeschickt, das den Bucheinband der die Biografie von Llorenc Villalonga i Pons ziert, einem mallorquinischen Aristokraten, Psychiater und Schriftsteller (spanisch und katalanisch). Es wird als „Werk des Malers Wiegmann – gegen 1936“ bezeichnet. Lorenc Villalonga (1897 – 1980) muss ein äußerst interessanter Mensch gewesen sein, der zwischen der Psychiatrie und der Literatur wechselte, 1931 mit seinem ersten Roman Skandal erregte, fürs Theater schrieb und die Zeitschrift für die literarische Avantgarde „Brisas“ leitete. Die Fundació Casa Museu Llorenç Villalonga, engagiert für katalanische Literatur, unterhält im Städtchen Binsissalem ein Museo_Llorenc_Villalonga.
Familienporträts
Ein Gruppenporträt aus diesem Jahr ist vor einiger Zeit in England wieder aufgetaucht. Auch diese Abbildung stellt mir Dr. Wolfgang Kliegel zur Verfügung. Er recherchiert das Emigrantenmilieu von Palma de Mallorca nach 1933. Wiegmann ist ihm begegnet‘ als Kunstlehrer an einer improvisierten Schule, die von einer amerikanischen Sängerin geleitet wurde. Das Bild findet sich dann auch mehrfach in teils großen Fotoreproduktionen (bis knapp Din A3) in Wiegmanns Nachlass.
Munoz de Nell Kinder 1935 , im Nachlasskoffer des ISG Koffer IMG_4741
I
„Renowned German Portrait Painter“
Als Wiegmann in Peking erschien, wurde er im Sonntagsblatt des Peiping Chronicle vor allem als Porträtist vorgestellt: Renowned German Portrait Painter In Peiping after Sojourn in Spain (Zeitungsausschnitt, Besitz des Autors). Ob die Erwähnung von ‚many exhibitions in Europe as well two in the United States‘ und Verkäufen an ‚the famous Frank Osborne collection’* zu Aufträgen geführt hat, ist mir nicht bekannt. Es findet sich in den Unterlagen nichts darüber und erzählt hat er auch nichts.
* in 6 einschlägigen Registern bisher nichts über sie gefunden (März 2017)
Aus China finden sich im Nachlass keine Reproduktionen von Porträtstudien in Öl, obwohl es die zweifellos gegeben hat. So sind fotografische Porträtstudien erhalten. Ob der Gattin des französischen Geschäftsträgers darunter ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. Und waren die Fotos in ihrem anspruchsvollen Bildausschnitt Vorstudien? In Wiegmanns Ausstellung in der Nationalbibliothek am Ende des Aufenthalts fand dieses Genre keinen Einlass.
Die Porträts in Hof/Saale ab 1945
Heute nur ein paar vorläufige Bemerkungen. Die Porträts Erwachsener unterscheiden sich von denen im Ausland für mich zuerst durch ihre Stimmung. Es herrscht großer Ernst, wenn ich das nicht bloß hineinlese, was ich über die Stimmung der Zeit und die Lebensumstände weiß. Auch die Menschen sind andere. Die Gesichter, die Kleider.
Die GI‘ s 1944-45
Mir kommt das Wort auf die Zunge: „Deutsche Menschen“. August Sander ist nicht weit. Das gilt auch für die amerikanischen Soldaten, die Wiegmann im Sommer 1945 in Oberfranken porträtiert und die sich artig in Briefen mit Heimatadressen von Iowa bis New York bedanken. Zwei Beispiele von 1945 : links zwei von Wiegmann aufgeklebte und mit Namen versehene fotografische Abzüge, rechts ein dankesbrief.
Leroy Schauder 1945 Private Collection, United States (LINK zum Briefwechsel 2021)
Im Sommer 2021 erhielt ich erfreuliche Post von einer Kunstgalerie in Wisconsin. Sie hatte von einer Familie den Auftrag erhalten, den Porträtisten ihres Großvaters 1945 zu eruieren. Der persönliche Nachlass in Frankfurt enthält den Dankesbrief Leroy Schauders; die Familie revanchiert sich mit einer schönen Farbkopie. Das weitere findet sich im Blogbeitrag.
Auch die anderen damals in Hof entstandenen Porträts besitzen eine zarte, ja duftige, dem Aquarell nahekommende Farbigkeit, die sich unterschiedlichen Vorbildern verdanken könnte: Raoul Dufy, farbigen Aquarellen etwa eines Qi Baishi (artnet Link) oder den mitgebrachten großen Farbholzschnitten etwa aus Yang Liuqing (Google Link).
Frau Dr.Lücking, Hof/Saale (Museum Bayrisches Vogtland)
Dr.Lücking,Hof/Saale (Museum Bayrisches Vogtland)
Dr.Bachmann Frankenpost 2022-07-26 um 14.18.35