Die falschen Dinge aus Afrika

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21.5.2017 (redigiert 12.10. 2018) – Danke für 78 Clicks.

Ich will heute meine Sammlung gegen bestimmte Ansichten verteidigen. Mir geht es um Figuren und Masken, die eine Eigenschaft haben, eine Pointe, ästhetischen Witz haben, der auch einem Fremden noch zugänglich ist, wenn er sich nur darauf einlässt.

Und das falsche Gerede darf nicht völlig die Oberhand gewinnen.

'Yaka' Pfahlplastik 20.5.17

‘Yaka’ Pfahlplastik 20.5.17

 

Ein alter Maler und Sammler aus Frankfurt will mir doch wirklich meine frischen und ausdrucksstarken Volksmasken der Yaka madig machen, die er übrigens nie aus der Nähe gesehen hat: Sie seien alle zusammen die Pfahlfigur nicht wert, die vor uns auf dem Tisch steht, etwa einen Meter lang, mit etwas Kordelschmuck und einem groben Schurz versehen, und mit einem griesgrämigen Gesicht ‚nach Art’ der Yaka.

Ehrlich: Sie kann überall im Kongo hergestellt worden sein. Die selbstverständlich klobigen Füße sind auch noch auf einem glänzend schwarz gestrichenen Holzsockel montiert. Ich hätte lieber die Fußsohlen begutachtet.

 

Sie fragen sich nach der Absicht, die ich mit der Polemik verfolge?

Über den Entstehungsort möchte ich gar nichts behaupten, auf der Basis nur kurzer Betrachtung und anschließender Überprüfung an Fotos. Mir geht es um einen auf den Märkten verbreiteten Typ von Figuren, der unter verschiedenen Aspekten einfach Durchschnitt repräsentiert.

Hat der  Figurentyp nicht  Qualitäten?

Der Typ kann durchaus Respekt einflößen, indem er auf der Symbolebene (1) Versatzstücke afrikanischer Respektabilität mit (2) ganz wenigen ‚ethnischen’ Schlüsselsignalen vereint und (3) formal gängige Bauprinzipien repräsentiert.

Zu (1)

  • die Kopfbedeckung eines chief in der für eine ganze Region typischen Ausprägung

  • Farbtupfen (weiß), buchstäblich vom Scheitel der Kappe bis zur Sohle – das übliche Zeichen spiritueller Aufladung, ein simpler ‚Kult’beweis. Den verorte ich eher im Waldgebiet südlich des Kongobogens (‘Cuvette’) und im Ituri-Gebiet .

  • Die Ausstattung: Armschmuck (Kordel) und Schurz (grober Lappen, löchrig) – beides wohl nachträglich zugefügt, billig, aber besser als nichts.

  • Ein gewölbter Bauch als unverzichtbares Zeichen von Gebärmacht: eine Wölbung mit waagrechter Kante, hier eher schwach ohne den Bruchnabel als mächtige Körpermitte .

  • Gebeugte Knie und klobige Füße für Energie und festen Stand sind ein ‘Muss’ für eine solche Fgur.

Zu (2)

Hurra! Der ‚typische’ Yaka-Kopf mit der hochgebogenen Nase der südlichen Yaka! Doch konnte der Schnitzer nicht deren Ausdrucksmöglichkeiten nutzen, denn der Durchmesser des Baumstamms war zu gering. So hat der Kopf eine angedrückte Nase. Warum aber so ‚zugeschwollene’ Bohnenaugen und einen unordentlich gezahnten Mund? Da schauen meine zwei schlichten authentischen Pfähle und Medizinfiguren der Yaka aber anders in die Welt!

Zu (3)

Die Proportionen sind tendenziell naturalistisch, die Beine recht lang. Eine afrikanische Figur wirkt dadurch aber niemals stärker. Klobige Füße sind Normalität.

Einen identischen Schulter- und Armbereich samt den kleinen ‚betenden’ Händen kenne ich aus dem Luba-Einflussgebiet. Link „Kusu“. Das macht mich stutzig.

Eine Qualität fehlt der Figur ohnehin, die in Afrika noch heute so selbstverständlich ist, dass man darüber gar nicht reden muss. Nur im Europa der Ruinenromantik fällt das nicht auf:  Sie ist unfrisch, sozusagen impotent – und das auch auf der ästhetischen Ebene. Sie müsste schon von bedeutendem Nimbus-Kapital der Ahnen zehren. Und selbst für die gilt: Ihre anfänglich gefürchtete Macht verblasst mit der Zeit zur frommen Legende.

Mein Vorschlag an geneigte Leser

Wenn Ihre Afrika-Sammlung bloß aus einer Figur bestehen soll – vielleicht im Eingangsbereich – warum nicht diese Figur aufstellen? Der Schurz lässt sich ersetzen. Und Sie tun ein gutes Werk. Auch für die kongolesische traditionelle Kunst. Schließlich dauert deren Elend bereits über ein Jahrhundert an, und es gibt kein Hilfswerk dafür.

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