Upload am 5.3.2009
Louvre, im „Annex“ Afrika – Selbstgespräch
Der abgestürzte Traum des Jacques Kerchache… Im Gegensatz zu Quai Branly und Dapper unter dem kalten Licht einer ‚Anatomie‘, das verträgt der Traum aber nicht.
Da stehen Repräsentanten des Weltkulturerbes als Symbole der Verfügbarkeit, in Glaskästen isoliert, ausgestellt, ausgesetzt, auch dem Gelächter. Das Welterbe (das ich nicht lache!) steht Modell, bisexuell oder zweigeschlechtlich, Ahnin oder Ahne oder Jungfrau, egal.
Die arschkneifende Exerzierhaltung erinnert an ein fortdauerndes Trauma.
Und dann die Betrachter, Beschauer, ständig im Anflug und im Anmarsch. Beflissene Studenten.
Wetterpatina, Abwitterung ist Tod, der nahe Tod, nicht der Tod der Ägypter.
Wie kommst du eigentlich darauf? Warum kaprizierst du dich auf das Hässliche?
Weil es mich traurig macht. Ich weiß zu viel darüber.
Aber der Hund ist lustig.
Nicht lustiger als die Hexenverfolgung. Der Hund hat einen Nagel mitten im Kopf.
Er wedelt mit dem Schwanz.
Ich wüsste gern, wann diese afrikanischen Königreiche so blutrünstig wurden…
Ich weiß es inzwischen: allmählich, mit ihrer ‚Entwicklung‘ zu Handelspartnern Europas!
Komm lass uns gehen, es gibt noch die Weisheit der Sumerer! Welch ein Frieden!
Schafwollrückige Könige. Die Menschheit im Fransenrock.
Es müssen Inseln der Seligen gewesen sein.
Sie wussten wenigstens, wie solche Inseln aussehen. Ob Babylon mit ihrer Entdeckung der Ordnung eine würdige Fortsetzung der Geschichte war?
Was versuchen eigentlich die Lehrer vor Ort zu vermitteln?
Und welche Botschaft… beziehungsweise SMS…
… kommt wohl bei den jungen Menschen an? (Gelächter)
Quai Branly
Eins : der Zauber
Dunkler Kontinent ist der erste Gedanke, sofort mit dem Verdacht verknüpft, ein abgestumpftes Publikum solle in den wohligen Schauder aus dem Margarinealbum der Fünfziger Jahre versetzt werden. Den Kleinsten wird sogar angeboten, selber Fetische herzustellen, auf Formblättern.
Doch mit einem Mal – auf den Fotos – begegnet mir die afrikanische Nacht, worin niemand sich gerne aufhält, und der die Einheimischen kaum entkommen können, selbst in der Stadt nicht. Die Inszenierung in der Art eines düsteren Märchens ist folglich überhaupt nicht irreführend:
Da fordern die Macht der Alten und die Kraft der Mütter Ehrerbietung und Unterwerfung, demonstrieren Kinnbart und gebogener Hals des Ahnen, der Ahnin die Kraft des Gorilla.
Die Bocchii und Herrschergestalten der Fon zeigen Opferkult und Grausamkeit. Fetische verbergen ebenso gefährliche Geheimnisse wie andernorts die Gürtel von Selbstmordattentätern.
Muss man nicht mit mehr Berechtigung denn je fordern: „Mehr Licht im dunklen Erdteil!“
Und: „Flüchtlinge aufnehmen!“ ? ??
Zwei : der Gegenzauber
Angeblich zum Schutz der Objekte klimatisiert, ist diese Inszenierung ein fauler Zauber: Die Isolierung und die langen Rampen dienen der Beruhigung der Anwohner, so als könnten sie vor der Rückkehr der Untoten schützen, die ein komfortables vampirisches Dasein hinter Lamellen und farbigen Scheiben führen, aber nur an die Rache für ihre zerstörte Welt denken.
Das allein erklärt den Aufwand an avancierter westlicher Architektur:
Sollen kubische Klötze unmittelbar Gegenzauber bereitstellen, so dienen die flexiblen computergenerierten Formen und der Eiffelturm selbst, den man wie absichtslos in die gespenstische Szenerie blicken lässt, dazu, durch überlegene Mimikry einzuschüchtern. Erst jetzt begreife ich, warum die erstickende technologische Einschnürung traditionellen Bedeutungsträger dringend geboten ist.
Und das?
Ausgerechnet in der der sogenannten Wechselausstellung „Gefäße der Götter – Ästhetik des Fetisch“ liegt 1945 in Hiroshima zusammengeschmolzener Hausrat. Auch die Schrecken der Zivilisation müssen durch den Gegenzauber der Installation gebannt werden.
Schwarze Magie
Die schönen Schwarzen, sogar im Norden schön!
Schade, dass sie nicht deutsch sind
Wie Haus-Meister Mhidi !
P.S. Der scheint acht Jahre später bereits zu ‚deutsch‘ zu sein: Handwerksmeister, aber überarbeitet und voller Missmut.
Pingback: Offener Leserbrief zu journalistischer Stippvisite im “Quai Branly” | Detlev von Graeve