Feedback zur Jubiläumsnummer 29 der “flusser-studies” – englisch/deutsch

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Flusser Studies 29 mai 2020    All Contributions/ Alle Beiträge  (LINK

Edition / Ausgabe: 15.06.20

 

Feedback & More (or Less)

I have read all the anniversary contributions and I copied some passages of the alphabetically ordered conglomerate. Without Google Translate and paste and copy I would have been lost. I hadn’t thought of delivering my text in two languages, Now I’m making up for it (LINK).

But I am not the editor. I simply miss the native language of some authors or the verified translation into the modern lingua franca.  Nineteen voices in five languages aim at the reader. But is that true with the reader? Are we really interested in more than ’our’ milieu?

And me, my “milieu”? Look for instance at “Die Essays im Ethikunterricht” (fs 12)

Vilém Flusser’s program of dialogue keeps our mouths watering as a traditional good.  Keep in mind:  Feedback on FS is still provided only by email (addresses are directly with the authors).

I would like to comment briefly on a few contributions.

Pablo B. Markin describes an increase in global “cultural-scientific relevance” as a strategic success for Flusser. But what is relevant?

Daniel Irrgang earns the palm with „Telepresence and the decay of private space (in times of crisis)“, because he draws a historical line from Flusser’s optimism – how serious one may take it – in the 1980s to the present revolutionary Covid plague. He does not abandon Flusser’s impulse.

Michael Hanke is author of a theoretically and sociologically excellent study on „Kommunikation – Medien – Kultur – Vilém Flusser und die Signatur der telematischen Gesellschaft“ (kadmos 2017). His contribution from Natal, Brazil, only very generally compares the situation in 1970, when Flusser left Brazil after thirty years, with the situation in the country today. More background in “Über Zufall und Notwendigkeit der Flusserforschung”. (fs 20)

 

Why not more posts to include the present?

I wonder where Gabriel Figuereido’s youthful freshness comes from. He reminds me my best students two decades ago. He discloses the full potential of freedom in Flusser’s thinking, not just a computerized version of freedom! Is that possible due to the vastness of Minas Gerais, to the influence of his unconventional professor Flávio Tonnetti (see his contribution), the poet Joao Guimarés Rosa or his individual reading and thinking skills? – His focus: “intellectual subversion”, the “essay form” and the seductive Nietzsche quote “your educators cannot be more than your liberators”.

Vera Schwamborn, once a very young pioneer of the emerging Flusser archive, brought to the shortest formula, what should be Flusser’s ultimate lesson: „He has written a lot and performed even more. But despite of all the en-lightening, surprising, devious and conclusive content, the deep essence of his thinking lies in his demonstration how to change points of view.“ (english version after the facsimile). More background in “Vom Worte-Schlagen durch den Texte-Dschungel” (fs 24)

Siegfried Molan-Grinner (*1968) has won my sympathy with his short autobiographical story. There are more such testimonials: Nancy Roth (concerning Games), Marc Lenot (dissertation anecdote), and last not least  the ‘veterans’ Gustavo Bernardo and Andreas Ströhl.

Andreas Müller-Pohle, photographer and promoter  of Flusser’s success in Germany from the very beginning, delivers three film clips that are very teasing but they are not discussed at all. Did FS take them in because of their entertainment value or for provocation? Transcription would have been useful by the way. No interest in discussion of his personal essay style??

 

Sorry, I only keep a general impression of the other articles:

I noticed ‘project’ advertising , well-known Flusser doctrine and  ‚theory poetry’, and last but not least a ‘typical German’ complaint (in Post-Colonial dress) about life. May the author get positive energy from Flusser „The Freedom of the Migrant“?

 

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Auf Deutsch

Ich habe inzwischen alle neunzehn Jubiläumsbeiträge des alphabetisch geordneten Konglomerats gelesen und Kernaussagen exzerpiert. Ohne Google Translate und paste and copy wäre ich verloren gewesen. Auch ich hatte nicht daran gedacht, meinen Text in zwei Sprachen abzuliefern, ich habe das nachgeholt (LINK).

Doch ich bin nicht der Herausgeber. Nun vermisse ich die Muttersprache mancher Autoren, dann wieder die geprüfte Übersetzung in die moderne lingua franca. Neunzehn Stimmen in fünf Sprachen richten sich auf den Leser. Aber stimmt das überhaupt mit dem Leser? Interessiert nicht jeden nur das eigene Milieu? Und was ist mit meinem ‘Milieu’? Das  findet sich zum Beispiel in “Die Essays im Ethikunterricht” (fs 12).

Vilém Flussers berühmtes Programm des „Dialogs“ soll uns immer noch den Mund wässrig machen. Aber auch auf Sie kommt es an:  Das Feedback zu FS erfolgt nur per E-Mail . Die Adressen stehen direkt bei den Autoren.

 

Für ein paar Beiträge möchte ich hier werben.

Pablo B. Markin wertet die Zunahme der globalen “kulturwissenschaftlichen Relevanz” als strategischen Erfolg für Flusser. Für Flusser? Und was wäre da relevant?

Daniel Irrgang verdient die Palme mit dem Beitrag „Telepresence and the decay of private space (in times of crisis)“, weil er eine historische Linie zieht von Flussers Optimismus – wie ernst man den auch nehmen darf – in den achtziger Jahren bis zur allgegenwärtigen Covid-Plage. Er hält Flussers Impuls die Treue. Mich überzeugen die Argumente weniger.

Michael Hanke ist Autor einer immer noch aktuellen Studie in 2017 zu „Kommunikation – Medien – Kultur. Vilém Flusser und die Signatur der telematischen Gesellschaft“. Sein Beitrag aus Natal, Brasilien, vergleicht nur sehr allgemein die Situation 1970, als Flusser nach dreißig Jahren Brasilien wieder verließ, mit der Situation im Land heute. Mehr Hintergrund in “Über Zufall und Notwendigkeit der Flusserforschung”. (fs 20)

Ich hatte gehofft, dass mehr Beiträge wie diese die Gegenwart einbeziehen.

Ich frage mich, woher Gabriel Figuereidos jugendliche Frische kommt. Er erinnert mich an meine besten Schüler vor zwei Jahrzehnten. Er offenbart das volle Potenzial der Freiheit in Flussers Denken, nicht nur eine computergestützte Version der Freiheit! Verdankt sie sich den weiten Ebenen von Minas Gerais, dem Einfluss seines unkonventionellen Professors Flávio Tonnetti (siehe dessen Beitrag), dem Dichter Joao Guimarés Rosa oder einer individuellen Lese- und Denkfähigkeit? Sein Fokus: “intellektuelle Subversion“, “Essayform” und das verführerische Nietzsche-Zitat “Deine Erzieher können nicht mehr sein als deine Befreier“.

Vera Schwamborn, einst eine junge Pionierin des Flusser-Archivs, bringt auf den Punkt, was Flussers ultimative Lektion sein sollte: „Viel geschrieben hat er und noch mehr vorgetragen. Doch ungeachtet aller erleuchtender, überraschender, abwegiger und schlüssiger Inhalte liegt die tiefe Essenz seines Denkens darin, vorgemacht zu haben, wie man Standpunkte wechselt“. Mehr Hintergrund in “Vom Worte-Schlagen durch den Texte-Dschungel” (fs 24)

Siegfried Molan-Grinner (* 1968) hat meine Sympathie für seine autobiografische und zeitgeschichtliche Skizze. Es gibt weitere solche Zeugnisse: Nancy Roth (in Bezug auf Spiele), Marc Lenot (Anekdote von Dissertation), und nicht zuletzt die “Veteranen” Gustavo Bernardo und Andreas Ströhl.

Andreas Müller-Pohle, Fotograf und Förderer von Flussers Erfolg in Deutschland, liefert drei Filmclips, die sehr interessant sind, aber überhaupt nicht diskutiert werden. Haben die fs sie wegen ihres Unterhaltungswerts oder zur Provokation („Denkanstoß“) aufgenommen? Vielleicht kommt ja von mir noch was, wenn sich wirklich niemand der Aussagen Flussers annehmen sollte.

Und die  anderen Beiträge?  Mein allgemeiner Eindruck:

Ich  erinnere Projektvorstellungen, bekannte Doktrinen, freie Theorie-Poesie, etwas Weihrauch und auch eine ‘typisch deutsche’ Beschwerde über das Leben an sich (in ‘postkolonialem’ Kleid). Konnte die Autorin aus Flussers „Über die Freiheit des Migranten“ gar keinen Trost schöpfen?

 

 

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