Bruno Liebrucks redet vor Studenten (1966)

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Prof. Bruno Liebrucks (1911 – 1986) sprach Anfang 1966 vor Studenten orientierend über Philosophie und was sie ihnen zu bieten habe – im Dietrich-Bonhoeffer-Haus in Frankfurt/Main (Ev. Studentengemeinde, Lessingstr.2)

Auf der ihm gewidmeten Seite www.bruno-liebrucks.de wird sein Anspruch auf die Formel gebracht: Die Antwort auf den Deutschen Idealismus vom Begriff der Sprache her zu geben, außerdem seine Überzeugung, die auch an jenem Abend deutlich wurde: Nur von den bisher maximalsten Denkleistungen her lasse sich der logische Horizont der Sprache ausmessen. Der Sprachlichkeit müsse der Weltumgang des Menschen entsprechen, wenn er seiner Menschlichkeit nicht verlustig gehen solle.

Tonband-Transkription des frei gehaltenen Vortrags  Arbeitsfassung vom Sonntag, 25. August 2013   Privataufnahme. Die anschließende Diskussion habe ich bisher weder transkribieren noch zusammenfassen können. Das Tondokument ging inzwischen als CD an das Liebrucks-Archiv an der Senckenberg-Universitätsbibliothek in Frankfurt – LINK: Liebrucks-Nachlass.  (zuletzt ein wenig korrigiert am 8. 4. 2019)

…… Eine Veranstaltung des ….urprogramms  hier oben unten in der Bar … (unverständlich) … Philosophie … es geht also um das Verhältnis oder Missverhältnis weil… (Philosophie und Politik). Heute erregt diese Zusammenstellung in unserer Disziplin ein gewisses Unbehagen. Es breitet sich der Verdacht aus, mit der Zeit nicht so recht Schritt gehalten zu haben, indem wir nicht bemerkten, dass nicht die Politik, sondern die Wissenschaften (von der Politik) …. dass Politologie längst nicht mehr die Lehre vom Leben des Bürgers im Staate ist, längst nicht mehr die Stimmung des Menschen …. als handelndes Wesen. Politologie kann höchstens noch im Zusammenhang mit vielen anderen Hilfswissenschaften über die Situationsgerechtigkeit des Handelns einer Gesellschaft sich Gedanken machen, wenn’s hoch kommt, so etwas wie Ratschläge ohne eine Lehre aufzustellen. Hier scheint nur der Raum aufzufächern, innerhalb dessen der Politiker wegen der Unübersehbarkeit der anfallenden Fakten und der kaum noch mit Maschinen zu bewältigenden Datenverarbeitung letzten Endes dezisionistisch dann die Entscheidungen trifft. Wir hätten dann nicht etwa eine philosophische Ansicht davon, dass auch für die Güte des politischen Handelns die Situationen ein Mitbestimmungsrecht haben sollen … was richtiges und unrichtiges Handeln ist, sondern wir hätten überhaupt keine Lehre mehr, nichts als verbindlich zu Erarbeitendes,  sondern nur noch eine gewisse geschichtliche Aufbereitung der gegenwärtigen Lage, die noch einmal dann in die Reflexion der Handelnden genommen, ihnen bei den aus anderen letzten Endes irrationalen Fällen stammenden Entscheidungen zu Rate gehen mag.

Soziologie und Politologie wären dann allein geeignet,   in der Gegenwart den einigermaßen erhellten Raum aufzufächern, dessen  er bedarf, um sich, wenn er wieder in die Gesellschaft entlassen ist, ohne der Krücken/Tücken bereitgestellter Leitbilder in der Gesellschaft menschlichen Lebens …

So dringlich die Erkenntnis der Situation – ja – für den Politiker ist, kann es doch keinem Zweifel unterliegen, dass er diese erst dort erfährt, wo er später handelt.  Situationserhellung auf der Universität muss daher in einer Gegend liegen, die mit der unmittelbaren Datenverarbeitung nicht gleichzusetzen ist. (Lärm)… soll in den Stand setzen, später einmal Daten überhaupt bearbeiten zu können. Damit ist schon gesagt, dass die Jahre, in denen Sie, meine Damen und Herren, als Studenten aus der unmittelbaren Berührung mit den Tagesereignissen herausgenommen sind – das muss Ihnen merkwürdig vorkommen, wenn ich das sage – Das sage ich deshalb, weil man die unmittelbare Berührung mit Tagesereignissen nicht dadurch erfährt, dass man Zeitung liest, sondern durch die Notwendigkeit, die praktische Notwendigkeit in dem Beruf oder wo man auch steht, eine Antwort auf sie zu geben, und zwar nicht eine persönliche, sondern eine solche, die mit der gesellschaftlichen Rolle, die ich spiele, gegeben ist, die von mir gefordert ist. ….

(Ich habe schon gesagt) dass die Jahre, in denen Sie als Student aus der unmittelbaren… (verschluckt) herausgenommen sind, Ihnen eine einmalige, so im Leben nicht wiederkehrende Rolle innerhalb des gesellschaftlichen Lebens zuspielt.  So Ihnen    das Verhältnis und Missverhältnis von Politik und Philosophie heute behandeln. (5.oo’)

Dazu möchte ich erst (mit Gehlen)  erst sagen: Philosophie ist nicht Freiheit von der Politik, wie Hannah Arendt immer von den Philosophen gesagt hat, also die Philosophie als Freiheit von der Politik angesehen hätten und dass eine Erarbeitung philosophischer Kategorien mit dieser Tradition eigentlich brechen  müsse, weil das – Vita Activa – handelnde Wesen der Menschen darin ….

wird, ich komme noch darauf, sondern die Philosophie ist nicht die Freiheit von der Politik, sondern der Raum, durch den man gegangen sein muss, wenn das menschliche Handeln politisch sein soll. Das ist gegen mancherlei Missverständnisse die Idee des  … Denn wir wollen nicht wissen, wie Philosophie und Poltik zueinander stehen in allen Zeiten, sondern wir wollen wissen, wie das heute ist. Auf das Wörtchen ‚heute’ kommt es an.

In einer durch Agrarwirtschaft bestimmten gesellschaftlichen Ordnung, die sich durch das Gleichbleiben ihrer grundlegenden Strukturen während vieler Jahrhunderte, ja Jahrtausende auszeichnet,  konnte es aussehen, als sei Philosophie der Ort, an dem das normative Gefüge alles politischen Handelns zu allen Zeiten festgelegt werden könnte. Sie hätten dann, meine Damen und Herren, die einzigartige Chance, Richtlinien für alles politische Handeln, so unmittelbar oder detailliert es in der modernen Demokratie abverlangt werden würde, denkend zu Bewusstsein zu bringen. Ein solches Verhältnis von Politik und Philosophie möchte ich das Verhältnis des sogenannten Platonismus zur Politik nennen. Es ist nicht das Verhältnis Platons zur Politik, denn er war ein durch und durch politischer Mensch. (7.02’) Sondern dass Verhältnis des Platonismus zur Politik. Es ist leicht zu sehen, dass das Verhältnis ein Missverhältnis ist, heute schon deshalb, weil wir uns in einer Zeit befinden, in der wir in unserer kurzen Lebensspanne alle Aussicht haben – auch Sie, meine Damen und Herren, nicht nur die Generation als deren Mittel ich vor Ihnen stehe – … die Aussicht haben, von Zeit zu Zeit Umorientierungen vornehmen zu müssen. Philosophie müsste also nicht nur feste Normen für alles politische Handeln aufstellen, sondern darüber hinaus auch noch … das Prinzip an die Hand geben können, unter denen wir solche notwendigen Umorientierungen, Umstrukturierungen, Umfunktionierungen (verschluckt …  ) angehen wollen, also das so vorzunehmen, dass sie dabei selbst immer noch politisch bleiben. (8.00’)

Hannah Arendt hat in dem Buch „Vita Activa“ politische Kategorien zu erarbeiten versucht, von denen ich hier nur die Unterscheidung von Herstellen und Handeln anführe. Der Handwerker stellt Produkte her. auf dem Wege der Herstellung der Produkte wendet er legitimerweise Gewalt an. Die Materialien zur Herstellung eines Hauses werden unter Anwendung von Gewalt in eine Form gebracht, die die Zusammenstellung zu einer Wohnstätte des Menschen ermöglicht. sagt der Politiker so nicht mit dem Menschen verfahren  es wäre ein unpolitisches verfahren

Hier geht es nicht um Herstellung, sondern um Handlung, ein spezifischer Handlungsbegriff, den Hannah Arendt entwickelt hat. Eine Handlung, die niemals  anoi logu, also ohne Wort, ohne das Wort der miteinander Verhandelnden zustande kommt. (9.00) Wir stehen nicht einem Material gegenüber, sondern Menschen, und zwar nicht Menschen als Privatpersonen, sondern öffentlichen Personen, die als Rollenträger miteinander verhandeln. Der Politiker, wie auf einer tieferen Stufe schon der Händler, gehen nicht mit Menschenmaterial um, sondern mit Menschen, mit denen sie nicht handeln, sondern verhandeln. Die Unterscheidung ist grundlegend, grundlegend zwischen poiesis, Herstellen, und praxis, Handeln. Damit scheint ein Grundlegendes geleistet, das für alle Zeiten maßgebend sein müsste. Und das ist die Frage, ob nicht die sehr beachtliche Bemühung von Hannah Arendt, solche Unterscheidungen aufzustellen, nicht daran krankt, dass man nun glaubt, … Theorien zu haben, die … einleuchtend … (vorbeifahrendes Auto, 10.00’).

Die Frage ist ja immer, in welchen Situationen können diese Unterscheidungen ein(leuchten), und die uns dann aus der Situation heraus beantwortet werden. Zunächst müssen ja solche Kategorien da sein, auch internalisiert sein – ja wenn man handelt, damit man sie auch befragen kann.

Karl Marx war ganz anderer Ansicht. Er stellt sich ganz in die Situation einer Zeit, in der Menschen nicht mit unmittelbarer Gewalt, sondern zwar im Schutze des Rechts zu Verrichtungen gezwungen werden konnten, die sie unter Umständen schlimmer entmenschen mussten als antike Sklaven, deren Leben zwar rechtlich in der Hand ihrer Herren lag, aber tatsächlich vielleicht milder und menschlicher geführt werden konnten als unter so entwickelten Rechtsverhältnissen moderner Zeit. Auf solche, durch das Recht sanktionierte Gewalt, deren verhülltere  Gestalt umso härter sein konnte, glaubt er, Marx, dass das Recht der Gewalt als Antwort zur Verfügung steht (11.09) Wie es, meine Damen und Herren, keinen Hegelianer gibt, von denen, die Hegel verstanden haben, so kann es auch keinen Marxisten geben, von denen die Marx verstanden haben oder verstehen. Denn das hat ja Marx gelehrt – zuerst mal Hegel gelehrt, aber ich will ja hier von Marx sprechen – dass eine Übernahme in einer veränderten Situation einer Lehre dann ideologisch ist, wenn diese Lehre als – platonistisches – ewiges Gut ganz einfach übernommen wird, in einer Situation, auf die sie  … nicht mehr passt. Da kann man auch heute nicht sagen, …. das ist eine andere Situation, wir haben einfach andere Waffen. Ich kann mir keine Barrikaden mehr vorstellen, nicht. Jegliche Vorstellung, sanfte Vorstellung von Gewalt damals idyllisch. … sehr menschlich, aber das ist heute alles vorbei, weil jeder Staat eine Revolution auslöschen kann. Ich führe das Beispiel an, dass der 17. Juni viel weniger Tote gefordert hat als jeder Pfingstsonntag bei uns, nicht, im Autoverkehr. Und es wurde auch dort gesagt: Panzer möglichst vorsichtig schießen, wir brauchen nur aufzufahren und es ist alles vorbei. …. Das ist eine vollständig andere Situation: Wir können nicht sagen … Die einzelnen können sich nicht einer großen Gewalt entgegenstellen. Wir können noch darüber sprechen. Es ist natürlich noch nicht alles gesagt. Ich wollte nur andeuten, dass man Theorien aus dem 19.Jahrhundert unbesehen übernehmen kann. … Wir haben drüben marxistische Säulen …   sagt dagegen gar nichts … dagegen angegangen.

Der Unterschied in der Auffassung von Hannah Arendt und Karl Marx, auf den ich hier freilich nur ungenügend eingehen kann, mag zeigen, dass die Unterscheidung von Herstellen und Handeln in verschiedenen Situationen unterschiedlich bestimmt werden muss. (13.09’) Das scheint allem Verhältnis von Philosophie und Politik den Boden zu entziehen. Es scheint nichts Übergeordnetes mehr geben zu können, in dem solche Unterschiede noch in einer nicht widersprüchlichen Weise Platz haben könnten. Denn wenn ich Politik und Philosophie unterscheiden will, da brauche ich einen Beziehungsgrund …. Deshalb soll hier einleitend zur Diskussion etwas über Verhältnis und Missverhältnis von Philosophie und Politik gesagt werden. In einem Missverhältnis steht die Philosophie dann zur Politik unserer Zeit, in der es auf schnelle Anpassungsfähigkeit … ankommt, wenn sie sich als Platonismus versteht. Als solcher Platonismus kümmert sie sich um dasjenige an der Politik, was zu allen Zeiten als wesentlich angesehen werden konnte. So kann sie mit Montesquieu sagen: Zu allen Zeiten sei in der Monarchie die Ehre das Bindemittel zwischen den Menschen (14.07’), in der Demokratie dagegen die politische Tugend, das Bindemittel der Tyrannis der Terror. So, wie Friedrich der Große sagte: Ich bezahle mit der Ehre, nicht? Das heißt übrigens …. Offiziere mit der Ehre, In der Demokratie dagegen  ist der Mensch aufgerufen zur politischen Tüchtigkeit. Das ganze Problem der Erziehung wird wichtig, das sehen Sie heute an unseren Universitäten….und zwar viel mehr Pädagogen… Die Tyrannis, der Terror. Solange ich eine SS habe, die funktioniert, funktioniert alles andere auch. Die Leute haben angst. Man sucht gar nicht aus. Wie wir beobachtet haben: für Auschwitz  wurde nicht ausgesucht, besonders wie man früher sagte: geschulte Leute, sondern wie .. o a (?):  jeder Mensch … hat ganz wahllos, Ausländer was  da hinschicken, die gehorchen alle. Wer das zum ersten Male hört, von Montesquieu diese großartige Unterscheidung: … Terror als sozialer Kitt …Terror, Ehre und Tüchtigkeit, wird sicher die Genialität des Verfassers bewundern, der auf so kurze Weise in den…. verschiedenen Verfassungen herausgefunden hat. Wir sehen heute in unserer Demokratie den Vorrang, den Erziehung bei uns sogar vor Wissenschaften gewonnen hat. Man will zur politischen Tüchtigkeit erziehen, weil man die Ehre als Bindeglied für veraltet hält wie auch die Monarchie, und man vom Auskunftsmittel des Terrors noch genug hat. Darin bewähren sich also noch Einsichten von Montesquieu. Wie aber soll ein politisches Verhalten, wenn in einer schnelllebigen Zeit die Staatsformen wechseln (16.01), oder unter dem Namen der Demokratie verschiedene Auffassungen vom politischen Zusammenleben der Menschen auftreten, Philosophie dann noch eine Hilfe sein?

Um auf diese Frage zu antworten, möchte ich auf den nichtplatonistischen Ursprung der platonischen Philosophie verweisen. Platon sah den Untergang der polis Athen vor sich.

Dieser Untergang zeigte sich am deutlichsten im Auftreten der Sophisten. Die Sophisten waren Männer, die versprachen, die Jünglinge für die Angelegenheiten des Staates tüchtig zu machen, das heißt, diese Rolle der Philosophie vertraten … unmittelbar …  wenn du dich mit mir einfach unterhältst, dann wirst du gleich politisch klüger und auch tüchtiger sein. Sie gaben also vor, dies lehren zu können. Plato hielt dies kurz gesagt für schlimm. Er betrat nun den philosophischen Umweg, durch Sokrates in Dialogen fragen zu lassen, was denn eine Tugend sei, also zum Beispiel Tapferkeit, Gerechtigkeit, die Frömmigkeit. (17.05)

Er sagte: ein solches Wissen muss man haben, wenn man in Angelegenheiten des Staates wissen werde … Seine ausführlichste Antwort auf die Sophisten ist bekanntlich die politeia, also >der Staat<. In ihr wird die sophistisch-politische Position ausgesprochen, da wird erklärt: Im politischen Leben komme es nicht auf das Sein der Gerechtigkeit an, sondern darauf, dass einer den Schein der Gerechtigkeit ein Leben lang vor sich her trage. Es kommt nicht darauf an, wie ein Mensch ist, sondern darauf, wie er sich darstellt, wie er seinen Mitmenschen, der Gesellschaft erscheint. Diese Position ist seit Plato auf dem Gebiete der Politik bis heute, das wage ich zu behaupten, nicht einen einzigen Tag erschüttert worden. Es hat noch niemals einen politischen Zustand gegeben, indem es auf das Sein der Menschen ankam, sondern der Schein, damit haben die Sophisten Recht gehabt, war immer noch stärker. (18.05)

Nun plädiert Plato für das Sein der Gerechtigkeit, und das ist ja der berühmte Einsatzpunkt, den er, also um zu erweisen, dass das Sein stärker ist als der Schein, … Zum Erweis dieser Thesen  hat er einen Staat vor uns entstehen lassen, eigentlich ein Modell. Ganz bewusst als Modell, man kann sich das gar nicht modern genug vorstellen. Dass ein kommunistischer Staat als Staatsmodell aufgebaut wird. Nun ist es meistens so, dass man den >Staat< akademisch gelesen hat, damit meine ich jetzt, dass man sich nicht ernsthaft die Frage stellte, ob man in einem solchen Staat leben könnte, möchte in unserer Tradition. (19.05) Worin besteht das Verhältnis von Politik und Philosophie in diesem Staat? Das Verhältnis besteht nicht darin, dass Plato Grundsätze angegeben hätte, die für alle Zeiten gelten. Das Verhältnis besteht vielmehr darin, dass er – und das ist jetzt wichtig: damit nähere ich mich jetzt meiner Hauptthese – dass er eine Antwort auf die Situation seiner Zeit gegeben hat. Dass er mit dieser Antwort, die niemals verwirklicht ist, seine Zeit in ihrer Wirklichkeit erfassen kann.  Diese Antwort von Platons Philosophie als Paradox, dass sie bis zum heutigen Tag als Utopie gelesen worden ist. Man hielt sich an die heute von uns sicher abzulesende Antwort auf die Situation und vergaß dabei, jetzt zitiere ich Ihnen Hegel, „dass eben das Prinzip, um das sich das Unterscheidende seiner Idee dreht, die Angel ist, um welche damals die bevorstehende Umwälzung der Welt sich gedreht hat.“ (20.02) ….. so einen Staat können wir gar nicht brauchen. Das Allgemeine …. den Vorrang vor dem einzelnen, das ist bis zum Christentum gegangen bis in die Unendlichkeit, aber er sagt: das Politische daran bestand darin, dass er der einzige Mensch war, der die poolitische Wirklichkeit seiner Zeit erkannt hat.  …

Er war der einzige Politiker. die anderen sind in Wahrheit keine Politiker. Was sagt Hegel jetzt in der weltgeschichtlichen Antwort auf Plato, den er ablehnt, innerlich ablehnt ?  „Dass eben das Prinzip, um das sich das Unterscheidende seiner Idee dreht, die Angel ist, um welche damals die bevorstehende Umwälzung der Welt sich gedreht hat.“ … Worin war Platos Philosophie politisch?  Plato hat mit Hegel die Natur der griechischen Sittlichkeit aufgefasst. Er hat begriffen und dargestellt, dass in der Antike der Staat den Vorrang vor den Einzelnen hat. Wir lehnen mit Hegel heute nicht den politischen Charakter der Philosophie ab, sondern das platonistische Missverständnis …. ((Flugzeug)) nicht auf die Griechen eingeschränkt, sondern auf unsere Tage Das vielmehr wäre eine ideologische Übernahme  …. und die in zwei Jahrtausenden eingetretenen Veränderungen der Bewusstseinslage der Menschen ….. unberücksichtigt lässt.

Ich möchte, um das näher zu erläutern , die berühmte Stelle aus der Vorrede zur Rechtsphilosophie herausheben, in der Hegel die Auffassung von Platon vorgetragen hat und in der auch das berüchtigte Wort steht, das bis heute unverstanden geblieben ist: >Was vernünftig ist, das ist wirklich und was wirklich ist, ist vernünftig< (22.13) Ich nenne das Wort >berüchtigt<, weil es von vielen Gerüchten von der Hegelsche Philosophie übersponnen ist. Dies Gespinst ist nichts anderes als die unpolitische Auffassung von der Philosophie. Man liest das Wort so, als wolle es sagen, alles Geschehen sei vernünftig. Dabei ist ein reines Geschehen weder vernünftig noch unvernünftig, weil es gar nicht einsehbar ist: jenseits von Gleichgültigkeit, Nichtgleichgültigkeit, von Vernunft oder Unvernunft und so weiter. Für den Menschen aber ist wirklich nur das, was er auch einsehen kann, das er also vernehmen kann. Es ist leicht zu sagen, aber das nützt den meisten von Ihnen gar nicht: die Kategorie der Wirklichkeit ist bei Hegel die Einheit von Innerem und Äußerem. Die ganze kantische Philosophie musste erschienen sein, um diesen einzigen Satz sagen zu können. (23.01)   … Wir haben es mit Erscheinungen zu tun.

Wirklich ist ihm immer das, was er noch vernehmen kann. Das heißt: Was vernünftig ist, das ist wirklich und was wirklich ist, das ist vernünftig. Nur das ist, was der Mensch vernehmen kann, nur das ist seine Geschichte, was er auch als Geschichte erzählen kann.  Wenn plötzlich eine Atombombe auf unser Haupt fiele, gehört das in diesem Sinne nicht zu unserer Geschichte, sondern eine Naturkatastrophe eingetreten, die mit uns dann nichts mehr zu tun hat. Keiner von uns könnte etwas davon erzählen. Aber die anderen , ….., zu deren Geschichte würde das gehören, zu unserer Geschichte nicht mehr. So ist die menschliche Geschichte nicht Geschehen , sondern die Einheit von Geschehen und der Geschichte, die wir davon erzählen. (24.00) …

Die Philosophie ist  die eigentliche Begründung des Vernünftigen, in dem Erfassen des Gegenwärtigen und Wirklichen, nicht das Aufstellen eines Jenseits, das Gott weiß wo sein soll,  aber von dem man in der Tat wohl zu sagen weiß, wo es ist, nämlich im Irrtum eines einseitigen Denkens …

„Im Verlaufe der folgenden  Abhandlung habe ich bemerkt, daß selbst die platonische Republik, welche für das Sprichwort eines leeren Ideals gilt, wesentlich nichts aufgefaßt hat als die Natur der griechischen Sittlichkeit,  und dass dann im Bewußtsein des in sie einbrechenden tieferen Prinzips, das an ihr unmittelbar nur als eine noch unbefriedigte Sehnsucht und damit nur als Verderben erscheinen konnte, Plato aus eben der Sehnsucht die Hilfe dagegen hat suchen müssen, aber sie, die aus der Höhe kommen mußte, zunächst nur in einer äußeren besonderen Form jener Sittlichkeit suchen konnte, durch welche er jenes Verderben zu gewältigen sich ausdachte, und durch welche er ihren tieferen Trieb, die freie unendliche Persönlichkeit, gerade am tiefsten verletzte. (nach Hoffmeister,XIX,S.14)

Sie sehen, Plato will das Verderben der Welt    bewältigen. …. Wir reden dauernd von Bewältigung der Vergangenheit, nicht. Das ist fast wörtlich dasselbe, aber er verletzt …. das Prinzip …. gerade am tiefsten durch seine …. reaktionäre Antwort, indem er nämlich ein Moment der griechischen Sittlichkeit, nämlich den Staat …. nimmt er heraus, macht es zum Ganzen und verabsolutiert es. (26.00) Ich fahre fort. Ich weiß, sie kennen den Satz schon …. :

      „Dadurch hat er sich aber als der große Geist bewiesen, dass eben das Prinzip, um welches sich das Unterscheidende seiner Idee dreht, die Angel ist, um welche damals bevorstehende Umwälzung der Welt sich gedreht hat.“

Und das ist er Punkt, wo ich sagen würde: Darin war Platon Philosoph, darin war er politisch. …. sondern dass hier ein Mensch  – – – zu sagen vermocht hat, eine Antwort zu geben vermocht hat auf das, was wirklich wahr war, was die ganze Frage der Philosophie ist: Bedarf es der Philosophie,um zu sagen, was ….   von 1966 wirklich ist? Was da wirklich geschieht? Jede Philosophie ist nicht überzeitlich, sondern sie ist der Ausdruck ihrer Zeit in Gedanken erfasst. Ist sie das und in dem Maße, in der sie das ist, ist sie politisch. Die Philosophie ist darin nicht politisch, indem sie … dilettiert, sie ist nicht dadurch politisch, dass sie sich zu jeder Tagesfrage äußert, (27.00 )sie ist dadurch politisch, dass sie die Wirklichkeit an der Angel erfasst, um die sich die Fragen der Zeit drehen. So ist Philosophie nicht dadurch politisch, dass sie zu Fragen der Politik Stellung nimmt, das meistens ganz unpolitisch, meine Damen und Herren. Es fordert etwas, das die Sophisten, das Protagoras macht: Ich mache dich tüchtig. Du kannst dich hier und da einbringen. Das kann von sich aus jeder Staatsbürger, und zwar soweit, solange der Staat so vernünftig ist, dass das Aussprechen dessen, was einer für vernünftig hält, noch nicht unter Strafe gestellt wird, das heißt, solange wir Menschen in der Gesellschaft frei von außen entgegenkommen. (…) Die Philosophie ist nur dadurch politisch, dass sie innerhalb ihres Raumes bleibt ( …) (28.00)

So ist auch die Kunst nur dadurch zugleich bei ihrer Gesellschaft, dass sie innerhalb ihrer selbst, also als Kunst, die gesellschaftlichen Zustände ausspricht und enthüllt. Will die Kunst dagegen ihrer Gesellschaft unmittelbar dienen, einer Partei, einem Staat oder was immer, so ist sie nur der Gegenspieler des l’Art pour l’art Standpunkts. Sie ist auf derselben Ebene. Der eine sagt: Die Kunst (…)  der andere sagt: die Kunst ist unmittelbar gesellschaftlich. Beides ist falsch. Die

Kunst kann nur als Kunst (…), wie Philosophie nur als Philosophie politisch sein kann.  Letzten Endes wie der Begriff bei sich selbst ist, wenn er bei der Wirklichkeit ist. Das ist das, was ich hier nur andeuten möchte, was also in dialektischen Begriffen (…) sowohl als Kunst, sowohl als Politik , sowohl als theoretische Philosophie, dass er dadurch bei seiner Gesellschaft ist, dass er nicht unmittelbar nicht unmittelbar zur Gesellschaft geht, sondern indem er bei sich selbst bleibt. (29.00)

Deshalb lassen Sie mich zum Schluss sagen: Die Kunst nur dadurch in dem Maße innerhalb ihrer Gesellschaft steht, als sie in sich selbst bleibt, so ist auch die Philosophie nur dadurch und in dem Maße politisch, als sie Philosophie bleibt. Jeder Zeit muss aufs Neue gesagt werden, was  Bewusstsein des Menschen noch erkennen (kann?), was ein Staat, was eine Gesellschaft sind. Dabei muss die Philosophie ihre Zeit nicht in den Zeitungen, sondern ihre Zeit in ihren, der Philosophie eigenen Begriffen (…) entdecken. Was hier im Innersten an Millenium vor sich geht, ist die wahre Bewegung der Zeit selbst. Und so muss ich die paradoxe These aufstellen: In dem Maße in dem Philosophie bei sich bleibt, ist sie bei der Sache der Politik. Das hat sie mit dem dialektischen Begriff gemeinsam, der innerhalb seiner selbst (…) bei der Wirklichkeit ist. Denn nur, indem er bei seiner gesellschaft ist und … (30.00) nichts weiter als eine Erörterung des Wortes: Was vernünftig ist, ist wirklich und was wirklich ist, ist vernünftig. Die platonistische Auffassung von Phgilosophie, die nicht die Platos war, hat auf der einen Seite Begriffe, auf der anderen Seite die Wirklichkeit. diese Auffassung lebt heute in einer reihe, die mit den Namen Descartes, Kant und Fichte … werden kann. Gegen sie ist dialektische Philosophie aufgetreten.

Diese Auffassung lebt also heute, und trotzdem möchte ich sagen: sie lebt, so wie ein Leichnam lebt, so wie ich die Abstraktion vom Menschen praktizieren kann., eine Sache der …

(20 s Lärm)

(31.15) Deshalb ist die Bestimmung dessen, was ein Begriff ist, die politische Tat der Philosophie kat’exochen. denn ein reines Geschehen, das nicht in das Bewusstsein des Menschen gelangt, ist dem Menschen nicht wirklich. eine Revolution, die das Bewusstsein, den menschlichen Umgang des Menschen nicht verändert,  ändert nichts. Philosophie verändert die Zeit gerade dadurch, dass sie nichts unmittelbar verändern will. Die revolutionäre Dimension der Philosophie ist immer nur, zu sagen was ist. (…) das Wort ‚Sagen’ betonen

Ist es aber gesagt, ist die Wirklichkeit damit verändert. Nur was ausgesprochen ist, wird Vergangenheit für den Menschen, was nur geschehen ist, kann in tausenden und abertausend Wiederholungen wiederkehren. Nun, ich möchte jetzt nichts mehr sagen. Ich habe mir einige …zeichen gemacht für die Diskussion (32.00) Könnte nur einmal fragen oder ein Weiche… geben, das aus Kant stammt, (leiser) das ich irgendwo aufgeschrieben habe  —  Kant sagt (…) war ein großer Philosoph; an einem kleinen Wörtchen kann man das ablesen, wenn man … Kant kennt. Kant sieht das unveräußerliche Recht der menschlichen Person gegenüber dem Staat. Im Streit der Fakultäten sagt er: Der Mensch – Dass sich aber auch die Herrscher von seiner eigenen Gattung nehmen (…) und als solche behandeln  tierisch als bloßes Werkzeug ihrer Absichten belasten, (33.00) teils in ihren Streitigkeiten gegeneinander aufstellen, um sie schlachten zu lassen, das ist keine Kleinigkeit, sondern Umkehrung des Endzwecks der Schöpfung selbst. Das ist doch sehr überlegt. Warum sagt er: Die Herrscher stellen die Menschen auf, um sie schlachten zu lassen? Das wäre eine uninteressante Äußerung eines Schriftstellers, die die Welt nicht verändern würde, aber Kant hat gesagt, was er vom Menschen hält an einem bestimmten Fall. Dass er sagt: Der Mensch ist nicht einfach Naturwesen … zu bemerken, was Freiheit ist. So sagt Kant: Das hat er gezeigt in der Zweiten Kritik: Der Mensch ist nicht Naturwesen, sofern er nominales Wesen ist, kann er überhaupt als frei gedacht werden. Wenn dagegen die Herrscher in Kriegen Menschen gegeneinander aufstellen, dann behandeln sie sie wie reine Naturwesen, die man schlachten lassen kann, nicht wahr? (34.04)

Da hat eben das Wort ‚schlachten’ den streng philosophischen Sinn: wir sind kein Schwein, aber nicht etwa …. Menschen sein sollen … das sind jetzt Soldaten. Wenn wir in dem kantischen Sinne nur Naturwesen wären, so ist es vor dreihundert Jahren gesagt worden, aller Politik, was alle Kriege sind. Daran ist bei allem philosophischem Zweifel gar kein Zweifel möglich, das ist nicht in das Belieben einer Weltanschauung gestellt. Wenn man das an einer Universität weiß, dass wir längst darüber hinaus sind, der Kant habe  … Hegel hat einen anderen Wahrheitsbegriff, und scheinbar ist der wieder reaktionär gegenüber Kant. Er sagt:

sondern ich bin wirklich erst frei, wenn mir in der Gesellschaft die Freiheit von außen entgegenkommt.(… Erläuterung geht im Verkehrlärm unter) (35.05)

…. für alle Zeiten, nicht. Das hat er damals gesagt. Er war der Meinung, er kann das jetzt noch sagen. Stehen viele einschränkende Dinge als Einschränkungen dann dabei, nicht. Das muss man dann analysieren. Burckhardt hat dann gesagt: einen einzigen Menschen vom Leben zum Tode zu befördern. Das sind Einsichten (Tonschwankungen >>)    menschenfreundlich, sondern die der Erkenntnis der Philosophie entspricht, man weitgehend – ich möchte nicht sagen – beweisen kann. … soweit einsichtig zu machen, dass dem Menschen zumindesten vor die Wahl gestellt wird, wenn ich mich ganz vorsichtig äußern darf. … obwohl man das nicht streng mathematisch beweisen kann …. da fehlt noch viel, dass der Mensch in den Stand gesetzt ist, das Wort vom ‚Schlachten’ bei Kant zu verstehen, was das heißt. (…)

————– Akademisches Klopfen des Publikums——————         (ab 35.35.)

Titel 2 ( …. aus dem Geräuschpegel)  … wir haben nicht die Zustände, die wir gerne haben möchten und wir müssen etwas anderes machen ….

Die 30′ Diskussion habe ich nicht mehr transkribiert oder resümiert. Peter Reisinger ist 2018 gestorben; der wäre ein Adressat gewesen.  Für mich ist es zu spät, ich kann Ihnen nur die Gedanken bei der Wiederbegegnung im August 2013 anbieten. Link: “Bruno Liebrucks oder das entgleiste Impulsreferat”.  8. April 2019

 

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