Reiter auf Leopard – von den Mbala, Nachbarn der Yaka

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Eine filigrane Doppelfigur, 32 cm hoch. Dunkle, eine an den Kanten rot glänzende Patina auf dichtem Holz. Erhaltungszustand: Gut. Sie war Teil eines Familienschatzes. Ich kann nicht sagen, aus welcher Zeit, weiß nur, dass zuletzt Mobutu (seit 1965) denen, die traditionell über den Boden verfügten, ihr Recht erneuert, modernisiert und damit verfestigt hat. Die bemerkenswerte Resistenz des Objekts gegen das deutsche Raumklima weist aber auf eine frühere Entstehung hin.

Besonderheit: Rechteckige, nicht ohne Spur geöffnete, wieder verschlossene Öffnung auf dem Bauch.

 

Da ich die digitalen Unterlagen verloren habe, will ich es kurz machen. Vielleicht gefällt Ihnen das sogar besser.

 

 

Herkunft und Stil

„Mbala, Provinz Bandundu“ ist die angegebene Provenienz. Ein Blick auf eine  ethno-demografische Karte (links: Bourgeois 1984,26; rechts: Baumann?) zeigt uns: Die rund 60.000 Mbala siedeln zwischen nördlichen Yaka, Suku, Kwese, Pende und Tschokwe vom unteren Kwango im Norden bis zum oberen Kwilu im Osten. Die wirklichen Verhältnisse sind noch viel durchmischter (Jacques Denis: Les Yaka du Kwango, 1964)

 

Yaka Mbala Karte Bourgeois 1984,26Kongo - Pende, Karte Baumann

 

 

 

 

 

 

L. Felix : 100 Peoples of Zaire and their Sculpture, 1987 …

p.102) resümiert den Abschnitt über Stil: Mbala Figuren werden oft verwechselt mit denen ihrer Nachbarn. Mbala Figuren sind anekdotischer, klarer’ und getränkt mit rotem Tukula-Pigment. Der Kopfschmuck ergibt einen hoch stehenden Kamm.

 

Anekdotisch? – Aber ja:

Es handelt sich um eine Honoratiorengestalt mit entsprechender Kappe und Jacke, bärtig, mit herrschaftlicher Halskette, einem Medizinschrank, vielsagender Gestik. Sein Reittier ist ein Leopard. Das kleine Powerobjekt, das im Familienschatz verwahrt und bei bestimmten Anlässen gezeigt wurde, demonstriert ausführlich, was es bedeutet.

 

Mit Nachbarn zu verwechseln? – Sicher, diesmal mit dem Stil der Nördlichen Yaka :

 

A       Gestalt

HerremanToCure.noDas beginnt mit dem für sie typischen Kopf: vorstehende Stirn, schmalen Augenschlitzen, Hakennase, Häuptlingskappe, Tonnen-Ohren und Stil des Kinnbarts, aber auch Arme wie Würste aus Knete, z.B. bei Herreman: To Cure and Protect, ill.66, wo auch entsprechende Manschetten zu sehen sind

Im Norden finden sich bei Figuren und Masken (Lukula, ill.136 p.147) der Yaka und Suku auch veritable Hakennasen mit ordentlichen Nasenflügeln und geschürztem Mund.

Zu Beispielen ist zu sagen, dass gewöhnlich kein einzelnes befriedigend ist, vor allem kann der Gesamteindruck täuschen. (Das zuerst vorgesehene hat auch seine Schwächen.)

 

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B       Insignien – Symbolik

Es findet sich bei Arthur Bourgeois (Art of the Yaka and Suku Pl. VIII) sogar ein passendes Porträt eines Land-Herren, der die genannten Machtinsignien trägt: Bart, Hut, Halskette, Jackett und vom Leoparden das gescheckte Fell.

 

Yaka -Suku, Bourgeois 1985,Tf. VIII

Yaka -Suku, Bourgeois 1985,Tf. VIII

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Halskette

Zur Halskette aus den langen Zähnen respektabler Tiere – bei chiefs auf Feldfotos immer wieder zu sehen – zitiert der Händler ein Sprichwort aus dem Kongo, das passen könnte:

„Der Elefant legt seine schweren Stoßzähne auch nicht ab.“ Die Pflicht erfüllen , egal wie schwer sie ist.

Leopard:

An der Figur sind lange aufrechte Ohren und langer Schwanz zu sehen. Allan F. Roberts bemerkt in Animals in African Art: …. one of the most often portrayed animals in African Arts. Leopards are often considered as animal-others (‚das zweite Ich’) of chiefs, …. charged with maintaining law and order. Und er zitiert p.166 ein Yoruba praise poem:

 

Gentle hunter

His tail plays on the ground while he crushes the skull.

Beautiful death who puts on a spotted robe when he goes to his victim.

Playful killer whose loving embrace splits the antelope’s heart.

 

Sanfter Jäger

Sein Schweif spielt auf dem Boden, während er den Schädel knackt.

Schöner Tod, der ein getupftes Kleid anlegt, wenn er zum Opfer geht.

Verspielter Mörder, dessen Umarmung das Herz der Antilope sprengt.

 

 

 Die Handhaltung

Mbala Reiter Hände und Stand-IMG_7263Probieren Sie die selber aus. Spüren Sie, wie Ihnen die Energie des Bauchs bewusst wird und Sie sie unwillkürlich konzentrieren? Das gilt bei zentralafrikanischen Skulpturen – von Bakongo bis zu den Songye – für den Nabel und erst recht für eine magische Aufladung des Bereichs.

 

 

 

Beobachtungen zur Konstruktion und zur Oberflächenbearbeitung

 

Mbala-Reiter-seitlich-IMG_7254

 

Bis auf die dramatisch vorspringenden zwei Zähne sind alle Elemente sicher miteinander verbunden. Die Konstruktion der lebhaften Figur ist diskret. Die sichere Standfläche wird durch schmale Leisten erreicht, die aber zum Teil als Hinterläufe des Leoparden getarnt und ein Stück weit durch die Füße des Reiter verdeckt sind. Der Raum zwischen den Vorderläufen bleibt frei bis hinten zum auf den Boden reichenden Schwanz.

Die Oberfläche wurde mit dem Beitel geglättet und mit rauhen Blättern geschmirgelt. Das Resultat ist bucklig, wie mit einem Netz unregelmäßiger kleiner Flächen überzogen. Daraus treten gekrümmte und gerundete Stege hervor: Hakennase und Nasenflügel, der lange Kinnbart, Mandelaugen, Ohren, der Hut in Stufen, die Perlen an der Leopardenzahnkette und die Hände des Reiters, sowie Kopf und Schultern des Leoparden. Die langen Arme, alle sechs Beine und der Schweif bilden kantige Bögen. Die bedeutungsvollen Bildelemente sind also in eine kubisch gebrochene Oberflächenlandschaft eingebettet.

Diese Oberflächenbehandlung habe ich bei Stücken der nördlichen Suku auch gesehen.

 

 

 

Selten?   –   Man könnte antworten : ja

 

Denn die Mbala sind ein kleines Volk und von ihren Figuren werden sogar viele nicht als ‚ihre’ erkannt.

Doch die Zahl der nicht recht zuzuordnenden Skulpturen ist groß. Und die verwendeten formalen Lösungen andererseits sind weit verbreitet. Anders als bei der Lotterie gewinnen aber alle Lose. Es macht Spaß, den Spieß umzudrehen und auf die Mischungen zu sehen. Nur wer etwas einem anderen garantieren soll, bekommt Probleme, es sei denn, der hat ein Einsehen und einen künstlerischen Blick. Vielleicht auch Sinn für Humor.

 

 

 

 

 

 

 

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