Das Duell mit Picasso im neuen Zentrum Paul Klee in Bern.
Ergebnis 2:1. Er hatte seine Chance. Um den Ausdruck „Augenhöhe“ zu verwenden, den die Ausstellung suggeriert: sie war genau Klees Problem.
Könnte Picasso den kranken Klee nicht aus Großzügigkeit und aus Sympathie für den eigensinnigen Kleinen besucht haben? Die Ausstellung zeigt nur Asymmetrien: Kurz währte die provinzielle Jugend Picassos in Barcelona, doppelt so lange die schwierige Pubertätsphase Klees, voller tastender Entwürfe und formaler Experimente im Kleinformat! Dann folgen vielleicht zwanzig Jahre, in denen eine stabile Zeichensprache und ein stetiger, ruhiger Fluss von Einfällen vorherrschen, ab dem Weltkrieg und gegen den Trend. Verinnerlichte Poesie und Systematik zwischen München, Dessau, Düsseldorf und Bern. Klee findet ab 1925 auch in Paris gnädige Akzeptanz.
Picasso hingegen mischte bekanntlich in den Kunstrevolutionen mit! Dann lief es für Klee schon hektisch auf das Ende zu, während Picasso sich für die kommenden vierzig Jahre in ein mediterranes Elysium spielen ging. Er brauchte nur zu nicken und galt schon als politisch engagierter Künstler.
Ich fühle mich seit langem Klee näher, aber das behagt mir keineswegs, trotz der Neigung aller Freundinnen zu seinem diskreten Oeuvre. Ich entferne mich zudem von ihm, gerade von seiner Spiritualität, die ich mit Bravheit verbinde, mit seinem frühem Altern und Tod. Alles das steckt in seiner „Ironie“, in seiner geistreichen „Romantik“. Überhaupt, was wären seine Bilder ohne ihre Untertitel? Eine unendliche Menge farbiger Puzzleteile, haltlos aneinandergereiht, bloß noch numeriert. Wenn Surrealisten sie schätzten, so wegen der sehr deutschen Phantasiewelten, die Klee zugleich halbautomatisch und romantisch tiefgründelnd in seine kleinen Formate packte. Dessin automatique hieß bei Masson, Dali & Co. jedoch entfesselte Phantasie. Sie waren in Dramatik, Sinnlichkeit und Pathos eher Picasso zugewandt. Der schuf seine Bilder und Objekte nun unter mediterraner Sonne, wo ein Klee allenfalls dem Dunst nördlich der Alpen einge wunderschöne Farbschattierungen entlockte