Alte Nationalgalerie – Streit in der Halle über ‘Ahnenbilder’ und ‘Tiki’ der Maori

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Ausstellung von Maori-Porträts Gottfried Lindauers gegen Ende des 19.Jahrhunderts

Foto aus dem Katalog

Foto aus dem Katalog

 

FIKTIVER DIALOG  IM MÄRZ 2015

  • Gut an der Ausstellung waren nur die Wandöffnungen zu den anderen frisch gefirnissten Schwarten des 19.Jahrhunderts. Nicht die sterotype Hängung in Reih und Glied, nicht  die langen Texte mit der immer wiederkehrenden Pointe, die dürftige Beleuchtung und reflektierende Verglasung, ebenso die kaum beleuchteten Tischvitrinen mit kleinen Fotos und Dokumenten oder ein halbstündiger Film, auf den man sich einlassen musste und dessen bemerkenswerte Qualitäten sich nur dem Geduldigen erschlossen. Dabei war er das Highlight.
  • Sonst noch Einwände? Warum haben Sie nicht den Katalog für 45 € erworben! Man verfährt hier nach dem Prinzip des steten Tropfens! Es wird im bewährten Verfahren ‘Mehr-desselben’ schon etwas hängen bleiben. Am besten erzählt man sowieso Alles dem staunenden Publikum, damit es sich ordentlich fremdschämen kann, diesmal mit den Briten. Haben Sie nie daran gedacht, einen Audioguide zu nutzen?
  • Und wozu? Jemand hat behauptet, an  Lindauers künstlerischer Qualität würden auch Zweifel geäußert. Gibt es denn darüber noch etwas zu diskutieren? Er war ein Handwerker, nicht anders als damals die Studio-Fotografen. Und wann hat er etwa NICHT nach deren Fotografien gearbeitet? Warum hat man den vielleicht ‚schärferen’ realistischen Porträtisten der Maori, der nur im Film mit einem seiner Bilder kurz vorgestellt wird, nicht einbezogen?
  • Halt, da liegt aus Sicht von Maori oder besser: d-e-r Maori eine Verwechslung vor. Was soll denn deine Schärfe, wo es sich um moderne A-h-n-e-n-bilder handelt? Die idealisieren immer, typisieren immer. Eine Kunstgalerie ist das passende Ambiente…
  • …mindestens so geeignet wie eine protestantische Kirche! Immerhin sind wenigstens zwei betrogene Betrüger, Kollaborateure,  physiognomisch als Schlawiner zu erkennen.
  • Ach, die beiden naiven Profiteure unter den Maori meinen Sie? Betreiben Sie etwa ernsthaft Physiognomie? So etwas war sicher nicht Lindauers Absicht, er arbeitete doch auf Bestellung. Maorikünstler hätten überhaupt keinen Anlass zu solchen Unterstellungen geboten. Jemand hat bei anderer Gelegenheit Kritik an Lindauers Bestreben geübt, die Porträtierten ordentlich aussehen zu lassen, so wenn er etwa bei einer Dame – anders als auf der Vorlage – Schmuckfedern symmetrisch drapiert. Victorianische Akkuratesse war ein modernes Stilmittel, um Würde zu vermitteln.
  • Ich habe in der Ausstellung nicht nur Licht und Luft vermisst,  Prägnanz und Deutlichkeit, topografische Karten, nüchterne Information über den Niedergang der Maori u.s.w.  – Der moderne Kampf um die Rückgewinnung des damals verlorenen Landes versinkt ebenso in der Legendenbildung. Ich vermisse vor allem vor allem leibhaftige Exemplare von Status-Objekten, wie sie jedes Bild schmücken und von denen so viel geredet wird. Die müssen doch ohne Probleme von den ebenso Staatlichen Museen in Dahlem auszuleihen gewesen sein. Das nächste Mal bleibe ich gleich im Museumsshop. Dessen Angebot ist interessanter.
  • Wenn Sie wüssten! Haben Sie nicht gehört und gesehen, wie im Film ein Nachfahre über den Verlust eines Tiki auf den Straßen von San Franzisko in Tränen ausbrach und sich nur mit dem Spruch eines Weisen trösten ließ: ‘Es kommt zu euch zurück!’
  • Was natürlich angesichts des Molochs Kunstmarkt nicht der Fall sein wird. Oder sollte das ein öffentlicher Appell an den unbekannten Sammler gewesen sein? Dann lauert im Thema ja eine Menge Sprengstoff und die verstaubte Präsentation in der Alten Nationalgalerie liegt voll im Trend.
  • Geben Sie zu, dass Sie von der intellektuellen Wurzellosigkeit etwa eines Vilém Flusser infiziert sind  und Ihnen jede Suche nach wohlanständigen ‚Wurzeln’, auf die man stolz sein kann, ein Gräuel ist! Dabei entgeht Ihnen das Vergnügen gerade für einen anständigen Deutschen, sich wenigstens an fremden unverdächtigen ‚Roots’ mitfreuen zu dürfen.
  • Hat eigentlich der Bundespredikant Gauck eine Rede zur Eröffnung gehalten? Wo ist das Gästebuch? Ach lieber nicht. Hat doch keinen Zweck, noch ein Fass aufzumachen.
  • Sie könnten sich ruhig einmal der Tragik der Kolonialgeschichten stellen. Guten Tag!