Arbeitsklima an der Altkönigschule 1982 (Pf)

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Es ist ein Dokument des Unbehagens über die geistigen Enge und die Restriktionen der Schulleitung und gleichzeitig ein Dokument innerschulischer Diplomatie. Die Personalversammlung hat stattgefunden, es wurde diskutiert…  Geändert hat sich wenig, weil die Mehrheit der Kollegen Bildungsbuchhalter und Unterrichtsbeamte waren und bleiben wollten. – Ich habe die Rechtschreibung angepasst.      Herzlich, Paul       10.2.2015

Betrifft: Arbeitsklima an der Altkönigschule

An die Schulleitung und den Personalrat der Altkönigschule Kronberg

Wir möchten mit den folgenden Ausführungen auf einige Schwierigkeiten aufmerksam machen, die zwischen Kollegen unter einander und mit der Schulleitung seit Jahren schon immer wieder aufkommen, die aber selten mit der gebotenen Offenheit und Deutlichkeit behandelt werden.
Wir sind der Ansicht, dass es sich nicht um ganz subjektive Probleme einzelner Personen handelt, sondern dass die Arbeitsbedingungen eigentlich aller Kollegen davon berührt sind.

Die Schulleitung neigt dazu, Spontaneität, Lebendigkeit und Farbigkeit im Schulleben nur innerhalb recht enger Grenzen zu tolerieren, im Allgemeinen jedoch solche Aktivitäten las Störung und Chaos zu interpretieren. Indem sie den Eindruck erweckt, Ruhe und Ordnung seien Werte an sich, begünstigt sie die graue, aber ordentliche Routine, die Phantasiearmut vor allem der Schüler, letztlich auch bei Kollegen die Mentalität von Bildungsbuchhaltern und Unterrichtsbeamten. Wer sich diesem Klima der Stromlinienförmigkeit nicht anpasst, muss mit unangemessen großen Schwierigkeiten rechnen.

Selbstständigkeit, Verantwortungsbereitschaft und Entscheidungsfähigkeit vieler Kollegen werden von der Schulleitung gerne unterschätzt, möglicherweise weil sie „schlechte Erfahrungen“ gemacht hat. Sie sollte daraus jedoch nicht den Schluss ziehen, im Zweifelsfall restriktiv und misstrauisch zu verfahren. Kleine Pannen sollten nicht überbewertet werde , denn dies entmutigt gerade die engagierteren unter den Kollegen und lähmt die Initiative.

Allzu häufig wird gute Arbeit an der Schule kaum erwähnt oder zumindest bemerkt, geschweige denn tatkräftig unterstützt. Die Schulleitung der AKS verstärkt damit den Eindruck, sie reagiere vorwiegend auf Negatives und trete allzu oft dann in Erscheinung, wenn Sanktionen zu verteilen und Einschränkungen vorzunehmen sind. Sie bestärkt damit indirekt eine Haltung des Nichtengagements, der Indifferenz und des resignierten Pragmatismus.

Aus einem verständlichen Streben, nach politischer Neutralität neigt die Schulleitung schließlich dazu, die Schule gänzlich zu entpolitisieren und ihr damit wichtige politische Orientierungsfunktionen entziehen zu wollen. Die schon genannten Tendenzen (Risikoscheu, Überängstlichkeit, Verbotsmentalität, Selbstzensur, Chaosangst, Misstrauen) verhindern einen gelassenen Umgang mit ‘heißen Eisen’. Orientieren kann die -schule jedoch nur, wenn sie Problematiken des gesellschaftlichen Umfeldes aufgreift und verarbeitet, statt sie von sich fernzuhalten. Ein Lehrer muss heiße Eisen auch dann anpacken können und dürfen, wenn nicht immer postwendend eine Ausgewogenheit der Standpunkte hergestellt werden kann. Tut er das nicht, verliert er gerade bei kritischen und politisch aktiven Schülern seine Glaubwürdigkeit.

Wir möchten, dass solche Lehrer welche die Risiko- und Verantwortungsbereitschaft aufbringen, mit brisanten und und kontrovers diskutierten Themen in der Schule zu arbeiten, zumindest nicht zu schnell behindert. Wir würden uns wünschen, dass die Schulleitung mehr Vertrauen aufbrächte und der Pluralität von Lehrertypen und -verhaltensweisen nicht zu enge Grenzen setzte.

Es erscheint uns sinnvoll, diese Punkte auf einer Personalversammlung zu diskutieren; wir bitten den Personalrat, eine Personalversammlung zu einer Aussprache über diese Punkte einzuberufen.

Gez. Paul Pfeffer

Kronberg, den 23. März 1982

Date: Tue, 10 Feb 2015 19:01:51 Subject: Arbeitsklima an der AKS 1982- Eine Abschrift des Memorandums über das Arbeitsklima an der AKS von 1982, das ich bei unserem letzten Gesprächerwähnt habe.