Warum stehe ich hier und werde einige Worte sagen?
Der Grund ist doch allen bekannt, ich werde meine Zeit als Lehrerin beenden und da ist es guter Brauch und Sitte, adieu zu sagen. Vor meinen Schülern habe ich mich schon verabschiedet, ich habe das Glück gehabt, im letzten Schuljahr Kurse unterrichten zu dürfen, die mir das Abschiednehmen schwer gemacht haben.
Jetzt also müsst Ihr mir zuhören. Auch Ihr macht mir das Abschiednehmen nicht leicht. Aber:
Es ist für mich ein guter Zeitpunkt, jetzt zu gehen: ich finde es rund und bin in Frieden mit mir und hoffentlich auch mit den Kolleginnen und Kollegen, zu denen für mich selbstverständlich auch die Schulleitung gehört
Ich habe mal den Begriff: „Kollege“ gegoogelt und bin da auf Folgendes gestoßen, aus dem Synonymische Handwörterbuch der deutschen Sprache, 1910, 13. Auflage von Johann August Eberhard.
Er schreibt: Daher entwickelte sich in Lehrerkreisen der Begriff der Kollegialität, d. h. der hilfbereiten, unterstützenden, allen Hochmut und Neid ausschließenden Liebe und gegenseitigen Wertschätzung der Amtsgenossen untereinander, der noch heute als eine besonders wertvolle ethische Eigenschaft unter der Lehrerschaft hochgehalten wird (wie der der Kameradschaft beim Militär).
Also, warum ist es trotz aller Kollegialität jetzt der richtige Zeitpunkt?
Ich habe meine Zeit als Lehrerin Revue passieren lassen, ein Problem vielleicht des Älterwerdens: „Die Zeit ist wie im Fluge vergangen“. Aber auch ein Indiz dafür, dass ich mich wohl gefühlt habe und sicher auch, dass ich mich nicht gelangweilt habe.
Ich habe meine Referendarszeit in Berlin fast zeitgleich mit der Umsetzung der gymnasialen Oberstufe begonnen. Es wurde damals Schülern und Lehrern im guten Sinne einiges zugemutet, aber ich habe in den Lehrerzimmern so etwas wie „ kraftvolle Aufbruchsstimmung“ erlebt, so nach dem Motto: Jetzt packen wirs. (Die Bedenkenträger, die es sicher auch gab, hatte ich etwas ausgeblendet). Ich denke, dieses Vertrauen in die Richtigkeit der schulischen Arbeit hat auch ein Stück weit meine Arbeit mit Schülerinnen und Schülern, mit den Kollegen geprägt. Ich beendige meine Lehrerzeit mit dem schleichenden Ende dessen, was man damals unter „Reform“ verstand, es hat bloß noch Niemand gemerkt oder es wird nicht zur Kenntnis genommen. (Ein winziges Beispiel: Die Präsentationsprüfung, die ja eigentlich die Eigenständigkeit des Schülers fördern sollte, ist nicht nur formularmäßig in ein solch enges Konzept gepresst, dass sie diesem Anspruch kaum gerecht werden kann)
Deswegen ist es gut, dass ich gehe, denn mir ist der Zusammenhang von Bildungsstandards, Vergleichstests und Kompetenzorientierung einerseits, der damit verbundenen Vorstellung von Bildung und Allgemeinbildung nicht ganz geheuer. Das sollen jetzt mal die Jungen umsetzen, hoffentlich mit der gleichen Überzeugung, wie ich oder wir sie damals hatten.
Ich bin in den letzten Wochen sehr oft nach Plänen für die „Zeit danach“ gefragt worden. Das hat mich manchmal etwas unwirsch gemacht, da ich sehr vielerlei im Kopf hatte und diese Unsicherheit mich etwas unglücklich gemacht hat. Einerseits möchte ich nun etwas entschleunigen und ungeplant „in den Tag hinein leben“ mit Büchern, Musik und dem Gärtchen, das ist etwas konträr zu anderen Plänen, die Aktivität und etwas Konzentration verlangen: Gut vorbreitete Reisen in andere Länder, zu Flüssen, Meeren hügeligen Landschaften und in kulturelle Räume, mich zieht es auch wieder etwas zurück in die Gefilde der Wissenschaft. Ich bin selbst gespannt, was mit mir passieren wird.
Ich habe Vielen zu danken, die mich in meiner Arbeit unterstützt haben, mir Mut gemacht haben und mich als Kollegin behandelt haben. Ich danke auch in diesem Zusammenhang besonders dem Sekretariat und speziell Frau Marek, die trotz des stresses immer Zeit hatte und mich oft hilfsbereit unterstützt hatte.
Ich danke auch unseren facility managern, die meinen technischen Unverstand und meine partielle Beratungsresistenz geduldig ertragen haben.
Auf Wiedersehn, ich darf gehen, Ihr dürft bleiben.