Auch ich ein externer Zweitkorrektor!

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Abiturarbeiten gehören beerdigt, wie das bisher üblich war, nicht noch durch die Gegend geschwenkt. Wie die schon ihre Papiere falten! Lauter Doppelbögen, die ohne Heftklammer nicht beisammen bleiben!

Ich bin am Rande, schlafe viel und verletzte mich heute selbst. Es ist heiß. Jedenfalls ist nichts mehr übrig vom Impuls, den Kollegen durch Anruf zu entlasten. Ich weiß es nicht. Soll er leiden, mindestens bis Freitag oder Samstag. Ich könnte ihn auch mit kommentarlosem Schweigen strafen, also ignorieren. Die Finger davon lassen, die Unterschrift mit der schweigenden Einschränkung versehen: „nach den gegebenen Umständen“.

Ärgerlich: Die Einzelbewertungen des Kollegen sind mir nicht nachvollziehbar. Es fehlt der Bezug zu erreichbaren Teilleistungen, die Basis jeder Zweitkorrektur. Absichtlich? Aber er formalisiert zwanghaft alles Mögliche für seine vier Schäfchen. Er ist so beschränkt wie seine Schnuckelchen: Differenzierung, aber nur in Form vieler kleiner rasselnder Faktoren. Deutschlehrer mit Schwerpunkt auf Grammatik?

Die Randbemerkungen und Schlussbewertungen sind entweder freundlich oder unfreundlich, also voreingenommen. So Doris* gegen Dan*: Was bei ihr „Hauptgedanken“ heißt, heißt bei ihm „Lücken“. Sie zeigt: Es ist alles wichtig.

Ein Scheißtext, der teilweise die Lösungsstichworte zum Abschreiben liefert. Die Überfülle des Reproduktiven: zu dem überlangen Text eine Tabelle, drei reproduktive Aufgaben und ein Transfer von auswendig Gelerntem. Die Formulierung der 4.Frage leitet nicht zur gewünschten Antwort (in den Prüfungsanforderungen formuliert). Das hätte das Genehmigungsverfahren beheben müssen. Wozu ist es denn da?

Will ich nicht die Chance einer schulfernen Überprüfung nutzen, wo ich keine Rücksichten nehmen muss? Aber die Ergebnisse werden dann doch wieder dem Schulprüfungsausschuss übergeben, der aus 2 Punkten Differenz  im besten Fall das  Mittel macht? Will ich einen (un)kollegialen Erziehungsversuch unternehmen? Am Montag nachmittags nach H. fahren? Der schwache Kandidat Dan* wäre das wichtigste Motiv. Aber er hat sich freiwillig gemeldet. Und er ist über dem Strich. Das ist ein Beziehungsproblem zwischen den beiden. Er wird die Schule wohl noch mehr verachten, seine Schule, aber ich muss sie nicht aus dem Hintergrund verteidigen. Wir brauchen ein paar Rebellen und Unzufriedene!

Und dann wäre ja aus Prinzip auch zu prüfen, wo seine Arbeit Schwachpunkte hat, die ein Befriedigend dann doch verhindern könnten. Die 4. Aufgabe hat er aber so beantwortet wie sie dasteht und muss verschiedentlich kleinliche Kritik hinnehmen. Die 4.Aufgabe betrifft auch die anderen. Doris’* 13 Punkte sind ungerechtfertigt: vielleicht 11!  Aber sie ist so fleißig und beschränkt wie ihr Prüfer.

Wer bin ich denn? Bin ich nicht das Auslaufmodell, die – angreifbare – Minderheit, die mit den Formblättern und so weiter nicht zurecht kommt? Meine Leistungskurs-Schüler blamieren mich selber. Ja, wenn ich eine Position hätte, etwa als Fachbereichsleiter, um schon auf die Aufgabenstellung Einfluss zu nehmen….

 

 10.4.2014  Wie dieser innere Konflikt wohl ausgegangen ist?

* Namen von der Redaktion geändert 

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