Stadthalle, Licht…….
Es strahlt gnÀdig auf alle, die hier gebucht haben.
Sartre hat ( oder hĂ€tte ) den Hades als Stehparty inszeniert; die Kronberger Stadthalle wĂ€re die passende BĂŒhne. AnzĂŒge und andere Masken spielen eine Abiturfeier revival.
Junge Menschen 10 Jahre gealtert sehen und hören – das ist kein VergnĂŒgen.
Mein GedĂ€chtnisverlust ĂŒberwĂ€ltigt mich: DĂ€mmert damit nicht schon das Reich der Schatten herauf? Wo gerade solche SchĂŒler mich auf meinen Unterricht ansprechen, an die ich mich nicht erinnere – und ich erinnere mich sowieso an nichts Genaues. Da war etwa ein Dorf in den Pyreneen – dieses katherische âKetzerdorfâMontaillou und der Himmel gleich hinter den Bergen – so etwas Kurioses, wofĂŒr ich nie wieder Zeit fand! Wie schön nur, daĂ mir in diesem Jenseits niemand etwas nachzutragen scheint, auĂer Einer: einen âTritt auf dem Schulhof, aber verdientâ ; der klebt an der Sohle wie Hundedreck. Oder die abgelatschte Saga von der âunverklemmten linken Sockeâ; der VerkĂŒnder dieser Weisheit hatte mich sowieso nie im Unterricht.
Zwei nostalgische Höhepunkte ( neben âAbbaâ): Ein Quiz, das die Köpfe fĂŒr eine Viertelstunde gebeugt ĂŒber die Tische zwingt, und eine absurde BĂŒttenrede (Koob) mit irrealem Pauker-Humor.
Unsere Schule ist Jenseits fĂŒr diese âGĂ€steâ. Sie gehen selber nie mehr hin, und ich bleibe eigentlich auch lieber in meinem Diesseits, in diesem Schlauch fĂŒr Generationen, der mich âjungâ erhĂ€lt. Warum sich im Jenseits begegnen?
FĂŒr die 30-JĂ€hrigen ist das Treffen ĂŒbrigens auch ein Jenseits ihres Alltags: Sie haben sich von ĂŒberallher aufgemacht und – wenn sie nicht lĂ€ngst Verbindung halten – treffen sie auf etwas wie das Schauspielerensemble eines Kleinstadttheaters. Auseinandergehen ist die NormalitĂ€t – egal was ich als junger Mensch dagegen gesagt und veranstaltet habe. Warum auch nicht?
Manche leben nur wenig von mir entfernt und leben selbstverstĂ€ndlich in einer anderen Welt, in der ihr âLehrerâ aber auch gar nichts zu suchen hat. Manche haben die Ăngstlichkeit der âSchulzeitâ ĂŒber deren Ende hinaus behalten, aber da kann ich ihnen auch nicht helfen. Manche scheint das Jenseits erst bei dieser Gelegenheit wieder heimzusuchen.
Werden Emotionen frei?  Nein. Das wievielte Treffen meiner Berufszeit? Ich weiĂ nicht. LaĂ sie gehen, ziehen, weine ihnen deine TrĂ€ne nach, und lass dann gut sein. Du spĂŒrst selbst das geringe MaĂ an Verantwortung, das du fĂŒr sie getragen hast. Sie waren vor allem dein Publikum. Und dieses pflegt man nicht ein zweites Mal – nostalgisch – zu genieĂen, wenn man nicht Juhnke heiĂt.
Was willst du dir âabholenâ? Du selber gehst weiter. Du bist die Nostalgietreffen der Jungen eigentlich leid; es âfunktâ ganz selten âmal und du bist zu alt oder noch nicht alt genug fĂŒr die schlichte Neugier. Das BĂŒffet wird sicher nie mehr besser werden als das vor zwei Jahren. Du hast das alles nicht nötig. Jetzt nicht. Sei ganz entspannt im Hier und Jetzt. Nostalgie ist das Vorspiel zum Tod.
In diesem Sinne therapieren Sie mich bitte, Herr/Frau Doktor.     v.Graeve, *1944
Originalfassung, eine Bearbeitung am 11.10.99, als Apple Works 5.0 gespeichert. Der erste  Entwurf datiert vom 15.11.1997 nach dem zehnjÀhrigen Treffen des Jahrgangs 1987.
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