YANDA PUPPE, MANI-KULT, AZANDE, 27cm, schwer und dicht 29.7.23
Unlängst vom alten Mann mitgebracht, der mit Jean sammelte und nun in der Obhut seiner Familie ist.
Trotz der Größe puppenhaft, zieht freistehend aber die Aufmerksamkeit auf sich.
Beschreibung
Der am Kinn waagrecht abgeschnittene Kugelkopf, profillos bis auf die auffällig hoch ausrasierte, erhaben geschnitzte Frisur, zwei nahe beieinander stehende weiße Perlenaugen* und der ovale erhaben geschnitzte Mund. Eingezogene Ohren, von denen 14,5 cm lange glänzende Eisenketten herabhängen.
Der 7 cm breite Zylinder des Halses scheint sich unter einer überwiegend hölzernen Halskette und den neun Reihen Spiralen bunter Glasketten bis auf die Hüften fortzusetzen. Dieser stärker kantige und nur 7,5 cm hohe Bereich von Hüften und Schamdreieck ruht auf soliden Beinen, die sich auf halber Höhe außen verjüngen.
Die elementare Form ist ‚Yanda’, was sonst? Größe und Ausstattung sind eher ‚repräsentativ’. Der üblicherweise markant hervortretende Nabel fehlt, wird aber kompensiert durch die Kraft von Kopf, Kettchen und rot-grün-weißem ‚Perlenkleid’. Die Halskette ist durch zwei lange bunte Glaszylinder und zwei Kauris ergänzt. Der untere Perlenabschluss ist seitlich versetzt mit einer angenähten Fruchthülse versehen, etwa eine kompensierende Andeutung des Nabels?
Die dunkle Patina (Kult) ist oben solide, auf den Perlen ziemlich abgerieben und neigt unten zum Abblättern.
Feststellungen Jan-Lodewijk Grootaers in „Ubangi“ :
Der Name „mani“ sei heute nicht mehr bekannt; der Kult werde heute noch praktiziert bei den Azande, Nzakara und Ngbandi; nur vom Mani-Kult seien so viele Figuren überliefert. de Loose habe sich initiieren lassen und 150 Kultobjekte gesammelt. Da die Besitzer sie nicht verkaufen durften, bot er von ihm signierte Ersatzfiguren an und konnte sie eintauschen, bei Tonfiguren (argile) sogar mehrere gegen eine. (p.70)
Ihre Funktion war unabhängig von Gestalt und Material. An einem Ort waren ganze Figurengruppen 1930 nach Lebenszyklen differenziert. (p.71)
Der Kult lieferte den Mitgliedern allgemein Wohlergehen, Gesundheit, Fruchtbarkeit und Erfolge. Die Chefs sorgten auch für Streitschlichtung. Die Initiation vereinte Geldspende, Wassertaufe, Gelöbnis und das Erlernen der Geheimsprache, die Annahme eines neuen Namens und das gemeinsame Verspeisen des mani-Teigs (pâte). Bei Gebeten, Beschwörungen oder Weissagungen bedeckte man den eigenen Körper und die verwendeten Utensilien mit einer magischen Substanz.
In manchen Regionen existierte eine mehrstufige Hierarchie. Auf Reisen empfingen die Chefs Geschenke und verhielten sich wie die Azande-Könige (‚Sultane’) in der Vergangenheit. Sie revanchierten sich den lokalen Logen (Ablegern) gegenüber mit als yanda bezeichneten Kultobjekten. p.71 Die Azande waren als Hersteller die produktivsten (was nicht verwundert). Ihre mani-Objekte wurden von Euroäern deshalb in einem weiten Gebiet gesammelt.
Perlen, Ringe, Münzen
Sie wurden/werden als Zahlungsmittel dem Geist Yanda zum Dank für geleistete Dienste offeriert.
1.103 (farbig) aus Teligba RDC (Ort nicht identifiziert) 21,5 cmVgl. Form, 2 Hüftketten (gr.Perlen, engstehende Perlenaugen, Hals-Rumpf-Zylinder)
Fazit 16.10.23
Meine Figur war danach eher eine repräsentative Gabe als ein Veteran der Geisterhilfe, da die bunte Perlenkette in einem Stück aufgebracht worden ist, wurde aber wohl länger aufbewahrt und gepflegt (Patina). Karin empfindet sie spontan als „freundlich“.