Der Maler Siegfried Klapper in Wildeshausen

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Am 8. August 2021 erhÀlt der Beitrag von 2017 (LINK) folgenden KOMMENTAR  von Henning Hopf :

„Ich kannte Siegfried Klapper als er noch in Wildeshausen (LINK) wohnte und in der Heemstrasse unser Nachbar war. Ich habe ihn spĂ€ter noch einmal in Lich besucht. Ich habe einige Bilder von ihm und weiß, wo weitere sind.“

 

Auf meine ermutigende Antwort kommt am 16. folgende Email:

(….) Zuerst etwas zum Hintergrund. Meine Eltern kannten S. K. sehr gut. Wir waren Nachbarn und sie sahen sich fast tĂ€glich. Ich (Jahrgang 1940) war noch ein Kind und hatte meine eigenen Interessen, wusste aber sehr wohl, wer er war und was er machte.

Meine Familie ist dann 1954 aus Wildeshausen fortgezogen, ich glaube aber, dass der Kontakt damals schon abgerissen war. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob er damals verheiratet war.Klapper malte damals sehr stark nach der Natur. Ich selber besitze u.a. ein sehr schönen Bild mit einem Blumenstrauß, den er schon damals mit der spĂ€ter fĂŒr ihn typischen Exaktheit malte. Auch kann ich mich daran erinnern, dass er direkt „in die Natur“ ging, um draußen zu malen. Von diesen Bilder besitze ich eine sehr schöne norddeutsche Moor/Sumpflandschaft. Ein drittes (auch wieder sehr kleines) Bild zeigt eine Burg auf einem Berg – ein Bild , auf das man vielleicht seine spĂ€teren leeren GebĂ€ude- und Stadtbilder zurĂŒckfĂŒhren kann.

Klapper 1948 – Copyright H.H: – unkorrigiertes Foto

Klapper 1949 – copyright H.H. – unkorrigiertes Foto

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K. war bettelarm und hatte ein sehr schweres Leben – meine Eltern (und meine Verwandtschaft) kauften ihm die Bilder ab, um ihm ein Überleben zu ermöglichen. Jedenfalls war das eines ihrer Hauptmotive. So kamen auch nach weitere frĂŒhe Bilder von ihm in die Verwandtschaft (ich schĂ€tze 4-5, kann das aber leicht herausfinden).

Im Verlaufe meiner beruflichen Entwicklung war ich spÀter in Marburg tÀtig, von wo ich ihn in Lich (Mittelhessen) besuchte. Er wohnte dort in einem alten Kloster, aber es deutete sich schon der Wechsel nach Frankreich an.

Das Haus in dem er in Wildeshausen wohnte, ist inzwischen abgerissen und durch ein neues ersetzt worden. Die Landschaften, die er malte, sind verschwunden und u.a. durch eine Autobahn ersetzt worden. Die alten Sandwege sind geteert, die Wiesen, die im FrĂŒhjahr immer durch die nahe Hunte ĂŒberschwemmt wurden, sind bebaut. Es ist das ĂŒbliche deutsche Bild – eine Landschaft, in der man sich Menschen wie ihn nicht mehr vorstellen kann.

Ich kann gerne in meiner Verwandtschaft noch nach weiteren Erinnerungen an ihn forschen und bin sicher, dass ich da noch fĂŒndig werde. Die Generation seiner Zeitgenossen ist natĂŒrlich inzwischen verstorben.

Die intellektuelle Szene des damaligen Fastdorfes Wildeshausen war im ĂŒbrigen nicht uninteressant. Unter den damals dort lebenden war auch Rolf Schroers, Autor und spĂ€terer MitbegrĂŒnder der Gruppe 47 und noch spĂ€ter bei der FDP engagiert (siehe Wikipedia). Ihn kannte S.K. sicher auch gut.

Meine Antwort :

(….) ich finde Ihre Schilderung interessant und schön und möchte sie gern als Gastbeitrag mit den Bildern, die Sie genannt haben, zusammen abdrucken. (….)

Wenn Sie wirklich mögen, dĂŒrfen Sie gern in Ihrer Verwandtschaft noch nach weiteren Erinnerungen an ihn forschen und passenden Bildern. Aus dieser Zeit weiß doch ‚keiner‘ etwas ĂŒber Klapper.

 Die Analytikerin Anita Eckstaedt zieht in ihrer Spurensuche – „Sichtbar machen und Bildern Sprache geben“ (Psychosozial-Verlag 2019) – eine gerade Linie vom „Kriegstrauma“ – „Abb.3“: ein zerstörtes Kindergesicht unter erdrĂŒckendem Stahlhelm ĂŒber konventionellem Anzug mit Kruzifix auf Krawatte und Hakenkreuz am Revers – hin zu Entdeckungen immer feinerer BrĂŒche. „Magischer Realismus“ ist eine andere ziemlich einengende Etikettierung der Arbeiten. Ich fĂŒhle mich in der Nachkriegskunst nicht sonderlich kompetent, aber lebendige Erinnerungen und Bilder, mit denen man gelebt hat, bieten jedenfalls einen unverstellten weiteren Zugang.

 Ein Name – wie Rolf Schroers  (LINK) ist ein wertvoller Hinweis, der weiter fĂŒhren kann. (Ich stöbere auch schon mal in meinem Buch ĂŒber die „Gruppe 47“, die dank meines Deutschlehrers in der Mittelstufe mir zum festen Begriff geworden ist.

 Galerist Brockstedt jr. scheint wieder mehr an Klapper interessiert zu sein.

Artnet (LINK) bietet mittlerweile ein breiteres Spektrum seiner Arbeiten, wenn es Sie interessiert, nicht nur ‚Programmkunst.‘ Über manches nicht „starre“ Bild war ich direkt erleichtert. „Nach der Natur“ – ich bin gespannt.

16. August

Lieber Herr von Graeve, Besten Dank fĂŒr die prompte Antwort. Ich schicke Ihnen „zur Probe“ mein Lieblingsbild, das aus dem Jahre 1947 stammt, nicht 1948. Ist die QualitĂ€t fĂŒr Ihre Zwecke ausreichend? Das Bild ist nur postkartengross!
Beste GrĂŒĂŸe Henning Hopf

Doku

copyright H.H.

17. August :

Lieber Herr von Graeve, ich schreibe Ihnen rasch noch eine kleine Anekdote ĂŒber/mit Siegfried Klapper, die seine große Empfindlichkeit/-samkeit illustriert. Zwischen seiner Wohnung und unserem Haus in der Heemstrasse befand (und befindet) sich eine (inzwischen sehr große) Firma fĂŒr Landmaschinen (Fa. Heinrich Schröder), die u.a. Traktoren der Marke Lanz Bulldog verkaufte/reparierte. Dieser Traktor lĂ€uft mit eine bullernden, weittragendem GerĂ€usch (dass Sie sich auch im Netz anhören können…). BelĂ€stigt durch diesen LĂ€rm, stĂŒrzte S.K. eines Tages aus seiner Wohnung, einen Hammer in der Hand haltend (mein Bruder meint, es sei ein Vorschlaghammer gewesen) und schlug „wie wild“ auf die Maschine ein. Ob er sie tatsĂ€chlich zum Verstummen brachte, weiß ich nicht mehr. Jedenfalls musste er den verursachten Schaden bezahlen.Bei diesem Vorfall hat vielleicht auch eine Rolle gespielt, dass der Lanz Bulldog eine im Kriege sehr weit verbreitete Zugmaschine war und er durch das AuspuffgerĂ€usch an den Krieg erinnert wurde (der ja in seinen Bilden einen starken Eindruck hinterlassen hat).  Beste GrĂŒĂŸe Henning Hopf

 

Lanz Bulldog“ (LINK wikipedia), daraus zwei Bilder, die vielseitige Verwendung belegen:

Doku

Dreschkasten_raussendorf-crop

Lanz_Bulldog_D_8506,_Bj._1939-1955,_35_PS_-_15.07.2006-crop[/caption

2 Gedanken zu „Der Maler Siegfried Klapper in Wildeshausen

  1. Richard Brinkmann

    Hallo Herr von Graeve,
    ich hatte von dieser Stelle aus einen Kommentar geschickt, der zunĂ€chst Henning Hopf interessieren dĂŒrfte, vielleicht aber auch Sie.
    Dieser Kommentar ist fĂŒr mich nirgendwo zu finden, daher weiß ich auch nicht, ob er Henning erreichen konnte oder ob Sie ihn lesen konnten. Wenn nicht, schreibe ich noch einmal.
    Herzliche GrĂŒĂŸe
    Richard Brinkmann

    Antworten
  2. Richard Brinkmann

    Ich hoffe, dass dieser Beitrag Henning Hopf erreicht:
    Lieber Henning, ich finde es wunderbar, dass unsere gemeinsame Liebe zu Siegfried Klapper uns hier wieder zusammenfĂŒhrt, und das nach ĂŒber 70 Jahren.
    Ich bin Richard Brinkmann und war dein Klassenkamerad in Wildeshausen.
    Auf diesen Artikel bin ich zufĂ€llig gestoßen, denn auch ich habe Klapper entdeckt, wenn auch erst so richtig nach meiner Pensionierung , und inzwischen besitze ich 24 Bilder von ihm. Wir sind hier in Hamburg mehrere Wildeshausen-Freunde und haben uns hĂ€ufig ĂŒber den Maler unterhalten. Weitere Bilder besitzen Christa und Rolf Wilke, ohne Bilder gehört noch Heidemarie „Mieken“ Engelke zur Runde dazu, an alle wirst Du Dich sicherlich erinnern. Weiterhin soll noch Deine Cousine Frauke KnĂŒpling , von der ich aber gar nicht weiß, ob sie noch lebt, Bilder besessen haben.
    Ich habe mich schon lĂ€nger an den Dötlinger Kunstverein angehĂ€ngt, ich war ja als SchĂŒler dort Organist bis zum Abi; er hat inzwischen viele Bilder der Dötlinger Maler (MĂŒller vom Siel und co.) von mir bekommen und er soll auch meine Klapper erben.
    Wenn Du Lust hast, könnten wir ja einmal in 2025 ein Treffen verabreden , das wĂŒrde mich sehr freuen, Christa wĂ€re bestimmt auch gern dabei.
    Bis dahin wĂŒnsche ich Dir alles Gute und grĂŒĂŸe Dich ganz herzlich.
    Richard

    Antworten

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