Frankfurter Flohmarkt am Nordufer! Inzwischen ist er ruiniert.

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„Frankfurter Flohmarkt am Nordufer! Sobald wie möglich zurĂŒck auf die SĂŒdseite, Schaukainkai! Man darf nicht bis August warten. Bis August ist er ruiniert.“ schrieb ich im Januar an dieser Stelle. Heute wird nur noch der  – frĂŒher alternierend veranstaltete –  Billigmarkt im Ostend (Lindleystraße) vierzehntĂ€gig* fortgefĂŒhrt, und das mit ‚Corona‘-EinschrĂ€nkungen, die auswĂ€rtige HĂ€ndler nur abschrecken können: persönliche Anmeldung wĂ€hrend der BĂŒrozeiten (Dienstag und Donnerstag) vor Ort und das zu jedem Termin einzeln. (nĂ€chster Termin: 24.10.)

Ich bin pessimistisch angesichts der ĂŒber den Innenstadt-Verkehr zerstrittenen Römer-Fraktionen.    12.10.20

Die VerhĂ€ltnisse vor dem dreimonatigen ‚Corona‘-Lockdown

Eine Stadt-Regierung, die es gerade wagt, öffentlich ĂŒber 800 Millionen fĂŒr StĂ€dtische Oper und Theater (ohne die Folgekosten) zu reden, fĂŒr Einrichtungen, ĂŒber deren Rolle im 21. Jahrhundert neu nachgedacht werden sollte, beweist wie schon bei frĂŒheren Gelegenheiten ihre Ignoranz gegenĂŒber diesem StĂŒck gewachsener Stadtkultur. (Link zu meinem Stimmungsbericht vom ‚goldenen‘ vergangenen FrĂŒhjahr

Eine Stadt, die ĂŒberall nach touristischen Anziehungspunkten sucht und gerade fĂŒr das Altstadt-Imitat eine Menge Geld mobilisiert hat, macht diese touristische AttraktivitĂ€t einfach so kaputt. Haben die Verantwortlichen sich den Ansturm von Menschen aller Herren LĂ€nder jeden zweiten Samstag nie angesehen?

Über die Jahre ist es dem stĂ€dtischen HFM Management gelungen, die QualitĂ€t des Angebots zu heben und am Schaumainkai unter den Platanen eine entspannte Situation zu schaffen. Es war auch fĂŒr AuswĂ€rtige attraktiv, in Frankfurt ihr GlĂŒck zu suchen. Die Altkleiderhaufen verringerten sich und konzentrierten sich jenseits der Schweizer-Straße. Die Anbieter, die dem Flohmarkt am Schaumainkai zuweilen den Flair eines Antikmarktes verliehen haben, werden vertrieben. Bereits jetzt sieht der ganze Markt nach Lumpenmarkt aus, schlimmer als am Ă€rmlichen, aber ordentlichen Standort in der Lindleystraße, einem Gewerbegebiet.

„Wir sind in der Dritten Welt angekommen“ war zu hören. Mit vollem Recht.

Wie werden die Aussteller behandelt, die teilweise schon zweihundert und mehr Kilometer durch die Nacht gefahren sind, wenn sie um sechs Uhr frĂŒh oder frĂŒher ankommen?!Am Samstag standen sie ab sechs Uhr am Nordufer im Stau, sie wurden mit ihren Sachen herumgeschubst.

Wie soll das kĂŒnftig funktionieren? Nicht einmal die Praxis reservierter StandplĂ€tze hat man bewahrt. FĂŒr VerkĂ€ufer und Publikum war das bequem. Soll es jetzt jedes Mal Hauen und Stechen geben, und bei guter Wettervorhersage noch mehr davon?

So eine Enge hinter dem Eisernen Steg!  An jedem Ende und in der Mitte hatte man noch einige hundert Meter abgeknapst, sodass die StandflĂ€chen auf 40% schrumpften. Denn so radikal vom Autoverkehr befreit werden soll der öde (wie heißt er noch) ….-kai nicht!

Wie kann man da genĂŒgend Tische und gar Zelte aufstellen?  Um die HĂ€lfte der Angebote ĂŒberhaupt nur wahrzunehmen, hĂ€tte man als Besucher stĂ€ndig zu Boden blicken mĂŒssen, aber bei dem GedrĂ€nge? „Paradies der Taschendiebe“ war mein erster Gedanke. Die weißen Laken, auf denen manche Aussteller ihre Ware ausbreiteten, waren nach kurzer Zeit schmutzig, ein tristes Bild.

An eine „Gasse fĂŒr Einsatzfahrzeuge“ war da nicht zu denken. Das muss die Feuerwehr (oder wer ist zustĂ€ndig?) unbedingt sofort wissen!

Frankfurter SchildbĂŒrgerstreich: Die GrĂŒnflĂ€che, die Pflaster und die ‚Hafenbahnschienen’ durften nicht besetzt und genutzt werden. „Eigentum der Bahn“ war die BegrĂŒndung, die ich zu hören bekam. Das haben Sie nicht vorher regeln können?

Ich hatte vorher nicht geglaubt, dass die bewĂ€hrten StĂ€nde zum Essen und Trinken in der Tat fehlen wĂŒrden. Sie sind schon als Sitzgelegenheit nötig und natĂŒrlich fĂŒr das richtige Flair. Die CafĂ©s um den Römerberg gehören nicht wirklich zum Flohmarkt. Eine eigene Welt.

Dass der saubere Toilettenwagen durch – sage und schreibe – zwei Dixiklos ersetzt worden wurde, war geradezu eklig. Den in der Stadtverwaltung dafĂŒr Verantwortlichen hĂ€tte ich gern darin eingesperrt.

Ich hoffe, dass die vom neuen Kernbereich zahlreichen betroffenen Anwohner Krach schlagen. Das könnten einige hundert sein.

Viele Menschen werden die MĂ€rkte unter den Platanen vor den Museen und den kleinen Parks vermissen.

Wenn ich jĂŒnger wĂ€re, wĂŒrde ich digital eine Initiative lostreten! Oder ein Go-in bei der Stadtverwaltung organisieren?

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Leserbrief an die Lokalredakteurin Mechthild Harting , welche eine kritische Reportage – in faz.net bereits am Sonntag – „Wenn ein Flohmarkt umzieht : Chaos und Enge statt Trödelflair“ (Text) verfasst hat:

Sehr geehrte Frau Harting,

Ihr Artikel in der Rhein-Main-Zeitung gab sehr gut wieder, was die Beteiligten und Besucher am Samstag erlebt haben.
Das einleitende Foto zeigt zum Beispiel deutlich die absurde Raumaufteilung.
Wenn Ihr Kollege Alexander in der Rubrik “ Hauptwache“ allerdings schreibt: „Die Lebenserfahrung lehrt, dass man erst einmal ein paar Wochen abwarten sollte, bis ein endgĂŒltiges Urteil ĂŒber die Eignung des neuen Standorts möglich ist“, so gilt das nach meiner ‚Lebenserfahrung‘ mit Stadtverwaltung und Flohmarkt nicht uneingeschrĂ€nkt. Die in Ihrem Artikel referierte Forderung der „Nacharbeit“ wird umso eher erfĂŒllt, je mehr öffentliche Aufmerksamkeit das Thema behĂ€lt. Und sie reicht nicht einmal aus. Denn es sind nicht nur Anfangsprobleme entstanden, es zeigen sich genau die Konstruktionsfehler, die seit dem vergangenen Sommer in der FAZ wie in der FR vorhergesagt wurden!
Die versprochene ÜberprĂŒfung in einem halben Jahr ist unakzeptabel! Es geht nicht nur um Verkehrslenkung, sondern es besteht die Gefahr, dass der Flohmarkt zwischen den Standorten zerrieben wird.

Bleiben Sie also dran, bitte!

WĂ€re es möglich, eine Mail-Adresse zu veröffentlichen, die fĂŒr die ’strategische‘ Ausrichtung kompetent ist? HFM fĂŒhrt ja bloß aus oder?    Mit freundlichem Gruß  DvG

P.S.

Sechs Wochen und drei Termine  spĂ€ter.  Die HFM tut ihr Bestes, viele Aussteller können nun mit der geregelten EinschrĂ€nkung leben, wer noch hingeht, auch. Von einer Petition von ĂŒber dreihundert Unterzeichnern an die Stadtverordneten habe ich in der FAZ gelesen, aber die Zeichnung war wohl bereits geschlossen. Nirgendwo fand ich eine Adresse, um mich anzuschließen. HĂ€tte daraus nicht mehr werden können?

Jetzt hat die Stadt gerade andere Probleme. 15.3.20

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