Sabri Geries – Elie Lobel: Die Araber in Israel (1965) – Zusammenfassung

|

Siebzig Jahren nach der Vertreibung tausender Palästinenser aus dem künftigen israelischen Staatsgebiet 1948 und einem halben Jahrhundert Besatzungsregime in der 1967 eroberten Westbank geht leicht vergessen, in welche Lage die im Kernland verbliebenen Palästinenser als Bürger zweiter Klasse im jungen Staat Israel gerieten: in ein System von Paragraphen, das direkt von der britischen Mandatsverwaltung übernommen wurde. Der Autor Geries war ein solcher arabischer Bürger Israels und von Beruf Rechtsanwalt. Die deutsche Ausgabe des Buches erschien 1965 bei Trikont in München.

Zusammenfassung 6.12.1999 für den Unterricht. – Der Beitrag erscheint gemeinsam mit weiteren aus den vergangenen zwanzig Jahren, die in der jetztigen Situation nicht verloren gehen sollen.   25.5.2018

 

 

Sabri Geries – Elie Lobel: Die Araber in Israel (1965) 1966 trikont/München

 

  1. Ausnahmegesetze

Das „Konzept“ entstammt der britischen Kolonialverwaltung und wurde ab 1945 auch gegen den jüdischen „Untergrund“ angewandt:

(Deportationen nach Erythrea,Durchsuchung jüdischer Kolonien, Verhaftung politischer Führer, Ausgangssperre in jüdischen Städten,..). ein Kongress von 400 „hebräischen Juristen Palästinas“   denunzierte solche Praktiken 1946 als „legalen Terror“ gegen die 600.000 Juden , welcher „die Elementarrechte der Gemeinschaft und ihrer Individuen von Grund auf negiere…“(S.96)

Bis auf die beiden §§ über illegale Einwanderung und Bodenkauf blieben die britischen „Defence Regulations“ nach der Staatsgründung weiter in Kraft.

Seither enthalten sie 170§§ und sind in 15 Kapitel untergliedert.

Sie geben dem Verteidigungsminister die Befugnis, Militärkommandanten ( Gouverneure) für solche Gebiete zu ernennen, von denen der Minister meint, man müsse sie unter Militärverwaltung stellen. Dieser Gouverneur darf dann nach seinem Ermessen ohne weitere Veröffentlichung Bestimmungen der Defence Regulation in Kraft setzen.

die wichtigsten Bestimmungen:

  • 125

„ Ein Militärkommandant kann durch Erlaß jedes Gebiet oder jeden Platz zur Sperrzone für diese Bestimmungen erklären. Wer immer während dieser Zeit diese Zone ohne seine schriftliche Erlaubnis (Passierschein) betritt oder verläßt, macht sich strafbar.“ Mit der Passierscheinpflicht hat man die Freizügigkeit der israelischen Araber erheblich beeinträchtigt, vor allem 1948-57, als die parlamentarische Opposition Erleichterungen erzwang (S.110). Die Minderheiten der Drusen, Beduinen und Tscherkessen erhielten damals aber weitergehende Freizügigkeit.

  • 109

„Ein Militärkommandant kann gegen jede Person eine Anordnung erlassen für alle oder einige der folgenden Zwecke:“

a   Aufenthaltsverbote,

b Meldepflicht,

c Verbot bestimmte „Gegenstände“ zu nutzen oder zu besitzen,

d Beschäftigungs- oder Gewerbeverbote, Kontaktverbote, Verbot der Verbreitung von Nachrichten oder Meinungen – Übertretung ist strafbar.

  • 110

… kann jede Person für einen Zeitraum , der ein Jahr nicht überschreiten darf, unter

Polizeiaufsicht stellen; d.h. Aufenthaltsbestimmung oder -verbot, Meldepflicht, Pflicht zwischen Sonnenuntergang und -aufgang sich in der Wohnung aufzuhalten ( zur Verfügung der Polizei).

  • 111

gestattet den Behörden der Militärregierung, jede Person aus irgendeinem Grund festzuhalten, und zwar beliebig lang bis zu einem Jahr, ohne Urteil, sogar ohne Anklage. –

Ein „Beratungsausschuß mit einem hohen Richter soll für Einwände und Beschwerden des Betroffenen zuständig sein.

  • 112

erlaubt… Landesverweis, Deportation und Rückkehrverbot

  • 119

erlaubt Beschlagnahme oder Zerstörung von Wohnhäusern bei einer Vermutung des Militärkommandanten, daraus seien „Schüsse abgegeben oder Bomben geworfen worden“.

Die weiteren §§ erlauben Ausgangssperren, Verkehrsunterbrechungen…. und militärische Sondergerichte für Zivilpersonen

 

Bis 1965 sind §§ 109,110,111und 124 (Ausgangssperren) angewandt worden.)

Außer den Verantwortlichen der Militärregierung kennt niemand die genauen Grenzen der Gebiete, die ihr unterstehen, und auch nicht die Begrenzungen der Sperrzonen.

Unter Berufung auf Art.4 der Verfassung – „Notstandsmaßnahmen brauchen nicht veröffentlicht zu werden“ – läßt die Militärregierung nach Möglichkeit ( Presse!) die Öffentlichkeit im Unklaren über das Ausmaß ihrer Kompetenzen und gibt nur selten Auskunft über die Art ihrer Operationen.

 

  1. Grund und Boden

Anfang1948 waren nur 4% des fruchtbaren Landes ( auf dem Staatsgebiet) in jüdischer Hand! Schon während des ( und im Vorfeld,Gv ) des arabisch-israelischen Krieges 1948 wurden 250 arabische Dörfer nach der Vertreibung ihrer Bewohner zerstört.

War unter den Briten die zionistische Bewegung zu diskretem Vorgehen gezwungen gewesen, so übernahm nun der souveräne jüdischeStaat den Landererwerb. Unter Führung des Militärs und Beteiligung benachbarter Kibbuzim wurden wurden in einer ‚wilden‘ ersten Etappe die arabischen Bewohner vertrieben, hinter die Waffenstillstandslinien oder an andere Plätze des israelischen Territoriums.

 

Zwischen 1948 und 1958 wurden jedoch geeignete Gesetze geschaffen, um die Bodenaneignung zu „legalisieren“,

z.B. das „Absentees‘ Property Law“ von 1950, das Beschlagnahme erlaubte, auch wenn der Eigentümer keine Zeit gehabt hatte, vor der Eroberung seines Dorfes durch die israelischen Truppen( etwa von einer Reise ) zurückzukehren,

in jener Zeit bloß seinen Wohnsitz gewechselt oder das Dorf wegen der Feindseligkeiten auch

nur einige Tage verlassen hatte oder gar von den Militärbehörden selber aus seinem Dorf vertrieben worden war. (S.119)

Der von der Regierung eingesetzte „Verwalter“ mußte nicht einmal die „Informationsquellen“ für seine Entscheidung über die „Abwesenheit“ preisgeben.

Die oben zitierten „Sperrzonen“ – Sondergesetze erlaubten den Behörden nach 1948 auch, unliebsame “Eigentümer“ von ihren Dörfern fernzuhalten, um diese dann zu zerstören ( Vgl. Skandal um Ikrit in Ostgalilea S. 123f.)

Ein „Notstandsgesetz“ für die „Extension of Validity“( „bessere Nutzung“) von „Brachland“ erleichterte in Kombination mit den vorigen die Enteignung :

Man mußte nur die Bewohner lange genug ferngehalten haben und der Landwirtschaftsminister mußte die „Brache“ offiziell feststellen.

Es wurde den Eigentümern zunächst das juristische Eigentum nicht genommen und der temporäre Charakter der Ausnahmegesetze behauptet, doch nur bis zum „Land Acquisition Law“ von 1953, das bestimmte:

Wenn das beschlagnahmte Land auch weiterhin für die Landesentwicklung, für die Eingliederung jüdischer Siedler oder für Sicherheitszwecke benötigt werde, werde es ohne jede Belastung und mit sofortiger Wirkung Eigentum der staatlichen Entwicklungsbehörde.

Aus den über 250 zerstörten arabischen Dörfern wurden überhaupt nur die noch in Israel ansässigen Eigentümer in Geld entschädigt, und zwar zu Preisen von 1950. ( S.128)

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert