Ungezogener Salvador Dali !

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Fragen an, von und um Rudij Bergmanns Film „Dali – Vorahnung des BĂŒrgerkriegs“ (SWF 2002, als Video noch vorhanden )

Kann man als begabter Mensch erfolgreich durchs Leben taumeln? Ja, mit einer Gala. Gibt es einen politisch korrekten Surrealismus? – Klar! Er steht ein wenig links, bevor er sich in kunstgeschichtliches Wohlgefallen auflöst. Und er passt sich nachtrĂ€glich den Erwartungen an. Er darf nur frĂŒher schockiert haben.

Vorab, der Autor Bergmann ist Salvador DalĂ­ in keiner Disziplin gewachsen. Er wird selber von Obsessionen getrieben: sexuell – das verraten die vielen kleinen Seitenblicke – und, was schlimm ist: ideologisch-moralisch. Da hört sein VerstĂ€ndnis fĂŒr den prominenten KĂŒnstler auf, und zwar sehr bald. SelbstverstĂ€ndlich wiederholt er ein weiteres Mal die orthodox kommunistische Version des BĂŒrgerkriegs mit dem einschlĂ€gigen Vokabular: „hinterhĂ€ltiger Putsch der GenerĂ€le“ – „klerikal-faschistisch“ – gegen die „demokratisch legitimierte Republik“. Wow! Das schlichte Bild reichert er mit bekannten VorwĂŒrfen linientreuer Surrealisten an. Tja, dann ist noch S. Freud ikanonisch, Breton, Magritte, Bunuel sind okay, alles nette unumstrittene GrĂ¶ĂŸen der Geistesgeschichte.

AllmĂ€hlich werden Sie ungeduldig und fragen zurĂŒck: Darf man denn als junger Mensch, als offensichtlich perverser junger Mensch so selbstbewusst und zentral auf Gruppenbildnissen posieren? Sollte man mit der Provokation nicht vorsichtiger sein und die Grenzen des Erlaubten beachten? Wenn man in diesen Grenzen nicht mehr provozieren kann, muss man sich dann nicht engagieren oder den Mund halten? Darf man dada sagen, wenn „Dada“ nicht angesagt ist? Darf BerĂŒhmtheit einem den Kopf verdrehen? Ist Provokation ein ausschließliches Privileg der Jugend, unter der Kategorie Jugendstreiche? Darf man mit der Eitelkeit oder der eitlen Strategentums eines Franco oder des Papstes sein Spiel treiben? Darf man sichtlich bemĂŒhte Interviewer auf die Schippe nehmen? Darf man die moralischen Massenmedien mit Schwachsinn fĂŒttern? Das dĂŒrfen doch nur Blondinen!

Mae West aus Figueres schielt kurzsichtig herĂŒber und zieht den Colt. Jetzt wieder ich:   Haben etwa BerĂŒhmtheiten eine moralisch erzieherische Aufgabe? Braucht das moderne Europa ausgerechnet Kunstmaler als geistige Hirten? Mit der Ă€sthetisch zweifellos banalen Gala, als Dalis Madonna mit Britannias Madonna oder den Spice Girls zu vergleichen, und dem Salvadore als Jesuskind? Was wĂ€re das fĂŒr ein Spass und welch ein Fressen fĂŒr den edlen Kunsthandel!

ZurĂŒck zum  Film: Als der berĂŒhmte Dali nach dem Krieg sein schillerndes Spiel weiter treibt, reagiert der Autor! EnttĂ€uschte AnhĂ€nger mĂŒssen als Zeugen seiner Anklage her. Wie  tödliche Blitze stĂŒrzen „Naturalismus“ und „Fotorealismus“ aus dem blauen Himmel auf den SĂŒnder herab, aber im Grunde aus einer – fĂŒr Dali verbotenen – kunstgeschichtlichen Schublade! Denn er gehört – und sei es wegen seines „wichtigsten Bildes“ – der Ordnung halber in die surrealistische Schublade, fehlender Automatismus hin, altmeisterliche Neigungen und  Manierismen her.

Moral, wenn es ĂŒberhaupt eine gibt: Die KĂŒnste sind eine viel zu ernste Sache, dass man sie dem Fernsehen ĂŒberlassen dĂŒrfte. Sorry, ARTE und das Louvre-Team.

5.8.2003 / 4.11.2013

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