Original und Fälschung, der vierte oder fünfte Versuch

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Die Sache ist im Grunde ganz einfach, wie Wahrheit und Lüge, oder besser: Ehrlichkeit und Betrug. Basta! Doch wenigen Leuten nahezubringen. Warum?

Beate: „Du bist eben ein richtiger Sammler!“ , was immer das heißt.

Es gibt in der Praxis ein Problem mit der Unterscheidung. Und ein Beweisproblem. Das kommt im Leben häufiger vor. Wir dürfen bloß nicht von den Rändern aus beginnen. Das machen die Advokaten der Täuschung mit Vorliebe. Wir befinden uns auf dem Gebiet der Juristen. Die haben bekanntlich praktikable – und für sie profitable – Schneisen in das Unterholz zwischenmenschlicher Konflikte geschlagen. Sie verdienen am Streit über das richtige Verständnis dieser Schneisen und am Unterholz zweiter Ordnung, der „Kasuistik“. Es handelt sich also um eine Frage der menschlichen Beziehungen.

Wir beginnen klugerweise nicht mit dem „Original“. In der Unübersichtlichkeit unterschiedlich gelagerter Fälle verheddert man sich leicht und gibt den bereits erwähnten Advokaten Ansatzpunkte.

 

Die Fälschung auf der Beziehungsebene.

Ich sagte zu Beate, ich wolle keine noch so raffinierte Arbeit eines Betrügers besitzen. „The Art of Deception“ (Buchtitel) „ist manchmal sogar ein Sport“(Beate). Prompt könnte ich mir eine spezielle Sammlung von spät entlarvten Fälschungen vorstellen samt interessanten Recherchen und Ausstellung.

Also unter falschen Vorzeichen besitzen.  Das ist für mich nicht vordringlich eine Frage des materiellen Schadens. Zum Beispiel  hatte ich die „Kota“ und die „Mahongwe“ von Kxxxxxxx sozusagen zum Marktwert erworben. Mit der Übertölpelung des arglosen und hier sträflich uninformierten Käufers waren Kopien in der Hand des Händlers zu „Fälschungen“ geworden.

Was materiell in den „Kopien“ als Möglichkeit angelegt war, die Fälschung, hatten er und ich mit unserem Verhalten verwirklicht.

Darf man so argumentieren? Ich meine ja, denn ein Kultgegenstand – auch ein vermeintlicher – ist mehr als eine „res extensa“ (Descartes) oder „bewegliche Sache“ (Juristen). Nicht umsonst müssen legale ehrliche Kopien – etwa von Gemälden – ausdrücklich als solche gekennzeichnet werden. Und alte Objekte können in manchen Ländern nicht legal exportiert werden.

Es geht um Betrug, und darüber steht im StGB, dass der Tatbestand auch durch bewusste Beförderung von Illusion verwirklicht wird. Händler bewegen sich gewöhnlich in einer Grauzone, es sei denn, andere stehen für eine lückenlos dokumentierte Provenienz gerade. Um sie Betrüger nennen zu dürfen, muss ihnen die Tat und die Absicht nachgewiesen worden sein.

 

Nicht nur ein Beweisproblem!

Ein massives Beweisproblem an beiden Enden! Was haben sie überhaupt gewusst?  Das „Problem mit der Unterscheidung“ ist ein Erkenntnisproblem.

Inzwischen stehen dafür uns teure objektive naturwissenschaftliche Methoden zur Verfügung, allerdings von begrenzter Zuverlässigkeit: Meist ist selbst nach einem greifbaren Untersuchungsergebnis Urteilskraft immer noch gefragt. Und das kluge Vertrauen in Autoritäten wie eh und je….

Wir neigen bei Kunstwerken dazu, zu vergessen, wie viele – auch potenziell interessante – Informationen in jedem Augenblick verloren gehen. „Wichtige Stücke“ (Galerie Simonis) haben dabei den Vorteil, an ihrem Wirkungsort öffentliche oder private Aufmerksamkeit, wenn nicht gar Zuwendung, Verehrung zu genießen. Davon können Informationen zumindest zu den Zwischenhändlern gelangen.

Manchmal helfen auch Zufälle: Feldfotos, Dokumentationen aller Art, besser dokumentierte Vergleichsstücke, die uns die Sache einfacher machen, aber die Gefahr der Fälschung auf der Beziehungsebene vergrößern, gerade weil die Wachsamkeit nachlässt. Zum Beispiel wird in der Regel nur eine Seitenansicht publiziert, die übrigen sollte man aber für einen Vergleich auch kennen.

Und wenn Echtheit dir wirklich egal ist, weil du ja den Fetisch etwa nicht wieder anwenden willst oder ihn sowieso mit heiteren Gemüt bei Gelegenheit wieder dem Auf und Ab des Marktes anvertraust oder weil er dir für eine gewisse Zeit etwas darstellt, etwas hermacht?  Wenn du ihn als dekorative Spielmarke, Chip, Einsatz  in einem Roulette betrachtest, worin ohnehin wenige Züge die übrigen erfolglosen wettmachen sollen?

Ist der Begriff „Original“ etwa  jedes Mal ein anderer für Spieler, Ästheten und normale Menschen einerseits, „echte Sammler“, Reliquiengläubige und Schatzbildner andererseits? Das wäre ein weiterer Essay.   21.5.2008                                                                                                 

 

 

 

 

 

 

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