Manfred Sommer – Sammeln

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P1170277Sammeln  Amazon-Kundenrezension
5.0 von 5 Sternen kein Ratgeber, sondern eine weit gespannte Untersuchung ,13. Oktober 2013  
Die Rezension bezieht sich auf: Sammeln: Ein philosophischer Versuch (suhrkamp taschenbuch wissenschaft) 
Der Rezensent „Kunde“ verfehlte vor neun Jahren das Buch vollkommen, so wie es seine Erwartungen vollkommen enttäuscht hatte. Er erwartete „Schlussfolgerungen“ von einem philosophischen Versuch, der mit der Methode der Phänomenologie unternommen wurde, worin Manfred Sommer ausgewiesener Kenner ist. Verwechselte „der Kunde“ die Studie mit einem praktischen Ratgeber „Sammeln“? Es ist eine Schwäche des Internets, dass derart irrelevante Allerweltsurteile über Jahre unwidersprochen im Standby-Modus verharren können. Ich bin Sammler. In der Tat bietet das Buch kein Plädoyer zur Verteidigung des Sammlers gegen die üblichen Unterstellungen von Reduktionisten, allen voran Psychoanalytikern, die Sammeln als Relikt oder als Ersatzhandlung abwerten. Es bietet auch keine Ratschläge. Dass heißt nicht, dass Sammler nicht manches beherzigen könnten: Eine durch bloßes Aufbewahren entstandene Ansammlung ist noch keine “Sammlung”. Da Sammlungen aber meist spontan entstehen, ist ihre nachträgliche Anerkennung durch den Sammler sozusagen ihre Geburtsurkunde. Ihre Qualität hängt mit der Trennschärfe des sie konstituierenden Begriffs zusammen.
Sommer nimmt den Leser mit auf die “das Verstreute zusammenführenden Wege”, auf eine lange, aber spannende phänomenologische Expedition in uraltes Neuland, worin der Mensch sich selbst begegnet. Die Bilanz muss man selber ziehen. Sommers Text spannt in verständlicher Rede ein begriffliches Netz. Zwischen seinen Maschen ist genügend Raum für Gedanken, Beispiele, Erwägungen, praktische Einfälle auf Seiten des Lesers. Sommer will niemanden beeindrucken, provozieren oder vorführen. Er führt auf seinen fußnotenfreien Seiten keine verdeckten Kriege. Er bleibt lange bei den Phänomenen. Er legt Tätigkeiten und Kompetenzen frei, die ebenso komplex gesteuert werden wie andere Kulturleistungen.
Das Phänomen Sammeln steht in seiner ganzen Würde vor uns, als eine uralte Macht. Die zeitgenössische Geringschätzung hat mit dem Dünkel der wissenschaftlich-technischen Zivilisation zu tun: Erfahrungen sollen nicht mehr wachsen, denn sie werden jetzt gemacht. Wer forschend sucht, weiß bereits, wonach er sucht, und entfaltet wohlüberlegte Aktivitäten, um es zu finden.
Das Buch schlägt einen großen Bogen durch die Menschheitsgeschichte. Es enthält ein ausführliches Sachregister wie auch eine analytische Inhaltsübersicht.

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