Feldforschung im Museum? Die logische Konsequenz

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Anlass: Die festliche Vernissage der Ausstellung “Objekt Atlas – Feldforschung im Museum” vom 25. Januar bis 16. September 2012 im Weltkulturenmuseum in Frankfurt/Main. Eine Foto-Präsentationsmappe mit 39 Abzügen und diesem der Einstimmung dienenden Text habe ich dem Museum übergeben.

P1160273_2Schatten

           Feldforschung im Museum ?  Die logische Konsequenz

 Ausgestattet mit geheftetem Wissen, munitioniert mit berauschendem Wein in langstieligen Gläsern, in Gesellschaft oder allein – wandeln, schieben, drängeln sich Menschen, lagern sich an den Rändern ab wechseln  zwischen den Geschossen. Unter ihnen unerkannt Schamanen, Féticheure und ein lokaler Kulturheros. Vertreten sind alle möglichen Expeditionen, Projekte, bedrucktes Papier, Geld wie Heu, unendlich viel Blabla, Reflexion, Busserl und Gelächter. Jetzt wird es ernst: Menschen prallen auf Objekte, genauer auf deren Abschirmung, wenn sie eine solche haben. Die Wärter zittern. Wo sind nur die langen Stöcke indischer Heiligtümer?

P1160188Menge

Die Anwesenheit von ‘Tribes’, die sich nicht grün sind, steht außer Zweifel. Frankfurt beherbergt bekanntlich viele davon. Der Stamm der Ethnologen, in seiner mittleren Altersklasse, vergewissert sich im allgemeinen Lärm seiner Reserven gegenüber dem der Künstler, diesen ewigen Kindern. Sobald Reden zu hören sind, kommt der diskutierende Zug ins Stocken, startet aber bald wieder. Danksagungen in unserer Gesellschaft? Uninteressant. Hätten wir nicht alle Dank verdient? Sofort werden mit rotem und hellgelbem Nektar gefüllte Gläser an Unzufriedene gereicht.

P1160191wein

Was hat die Handtasche auf  der Tischvitrine zu suchen? Nichts! – Nichts? Zwischen den Sphären kommt es zu schrägen Akkorden: Renitenzen und Exzellenzen, Avance und Défence, Cul und Recul. Objekte und Subjekte konkurrieren in Gestik, Mimik, Profil, Körperspannung und Accessoires. Menschen wie Statuen, Statuen wie Menschen.

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Dem teilnehmenden Beobachter schwirrt der Kopf. Was hat er sich da angetan? War der Forschungsauftrag nicht zu groß? Die Verwandlung der Villa – spirituelle Basis des Festes –  hat er noch gar nicht wahrgenommen, die Fachliteratur nicht gelesen. Es reicht ja noch nicht aus, mehrmals an Schrifttafeln vorbei zu streifen. Die drei stoischen Leser im Qumran-Saal, Männer gesetzten Alters, sind sie bereits die Konkurrenz aus den USA? Nein, es müssen Analysten der Financial Times sein, so wie man ihm deren Verhaltenscode beschrieben hat

Der Anblick trauter Zweisamkeiten vor dem Ausgang der Villa beruhigt ihn schließlich. Er ahnt:  Aus alledem entsteht am Ende – Liebe.

 Niedergeschrieben von Detlev Edler von Graeve, Mitglied der Leo-Frobenius-Gesellschaft zu Frankfurt am Main am 24. Januar im Jahr des Herrn 2012.

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