„Schamanen und Maskentänzer“ – Dialog

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Der Essay “Schamanen und Maskentänzer” wurde von Vilém Flusser im Design Report abgedruckt und wieder abgedruckt in: Vom Stand der Dinge, Steidl 1993, S.101-104.

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Die Adressaten sind offensichtlich die Leser von „Design“, also Gestalter qua Programmierende im Apparat, Kreative.

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Sie werden aber auf  „Masken“, vulgo soziale Rollen angesprochen, wie die Architekten beim Vortrag in Graz 1990 auf Berufung. Die Botschaft: „gemeinsam das Schicksal in die Hand zu nehmen, es gemeinsam zu formen“ (104) ist gelinde gesagt unpräzise, unabhängig von der Verwendung des Begriffs Design.

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Ich assoziiere einmal frei: im Design von Produkten (am PC) so menschlich sein, dass Dialog gefördert wird.

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Produkte aller Art?

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Vielleicht ja, aber das Ganze, das Gemeinsame ist beim Entwerfen in den Blick zu nehmen.

B

Nachhaltig?

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Ja, auch diese Maske anzubieten und nicht etwa nicht die des Energiefressers oder Rasers, des Verschwenders … aber  wir könnten uns noch viele andere Masken auf anderen Feldern ausdenken.

B

Ich hatte beim Lesen an einen exzellenten fachsoziologischen Text gedacht, den ich häufiger im Unterricht eingesetzt habe. Welchen Vorteil hat Flussers Vorgehen und Begrifflichkeit eigentlich gegenüber etwa einer rollensoziologischen? Betreibt er nicht eine literarische, feuilletonistische Umarbeitung alter Hüte, wie man so sagt?

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Der erwähnte Text bleibt hinter Fachzäunen, partikular. Du wusstest nie, wie du seine Wahl vor den Schülern erklären solltest. Flusser verbindet den, sagen wir einmal, sozialen Appell mit unserer Existenz im Universum, und nicht gleich wieder auf ein Modethema eingeengt wie etwa den Klimaschutz. Im Grunde entwickelt er eine generelle Maxime: „Handle so, dass ….“ Und sie betrifft auch das Wie: bei ihm heißt das dialogisch und nicht etwa faschistisch, das heißt: zentral gesteuert auf die Bildschirme, wo die Indianer von heute die jeweils aktuelle Maske holen.

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Also ein Immanuel Kant, ein von Foerster („….. dass deine Optionen vermehrt und nicht vermindert werden“) oder Hans Jonas ( „……dass du nicht die Zukunft der Menschen irgendwelcher Verlockungen wegen verwettest“)? Das sähe Flusser ähnlich: Mit einer Computeranimation beginnen und bei den ernsten Fragen der Verantwortungsethik enden. Einfach noch eine Maxime, auf die keiner hört?

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Auf dem Schirm erscheint „das Weltbild der Wissenschaften“, wie wir es aus seiner Geschichtsphilosophie kennen. Hinter den  Wellentälern, Netzfeldern und…

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Wie unelegant: Drähten…

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Verbergen sich die Bits und Pixel, zu denen die Designgeschichte seit der Aufklärung alle Kerne: etwa Geist, Ich , Selbst ….

B

….und alles übrige zerbröselt hat.

A

Die Ethik des Design gründet sich also auf dem aktuellen das Weltbild der Wissenschaften, eingeschlossen die sogenannten Naturwissenschaften mit der Physik als Leitwissenschaft. Ist das nicht eine elegante Beweisführung?

B

… und das, um Gesellschaft als Maskenverleihanstalt zu bezeichnen, das ist perfekt. Und das ist schon die zweite Spitze im Text. Die erste: Wieviel Designer verstehen sich selbst heute 2011 wohl schon als kernlose, ich- und geistlose postindustrielle Existenzen? Man zahlt doch Kirchensteuer! Dennoch bin ich mit der Attacke Flussers nicht zufrieden. Die Frage nach dem Maskendesign zu stellen, soll schon genügen, um die meisten politischen Kategorien durcheinander zu bringen?? (103) Das glaube ich nicht, selbst wenn ich hoffe, dass auch viele Käufer das schmale Bändchen  – mit dem wie ein Faun grinsenden Vilem Flusser auf dem Cover – für eine vertiefte Lektüre daheim auf dem stillen Örtchen liegen haben.

 

 

 

 

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