Erstes Flugblatt zu Kapitel 3 für den 24.März.

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Schopenhauers „Anata“ war etwas mit Copyright!  –  Dialog über das 3. Kapitel von Apps Buch    24.3.2012          Detlev (A)  +  von Graeve (B)

A

Faszinierend, aus der Nähe einem leidenschaftlichen Studium –Mitschreiben, Nachbereiten und Kommentieren gehören dazu –zuzuschauen! Ganz so, wie ich es von mir kenne, damals 1964-65. Die wichtigste Frage war: Wozu studiere ich Philosophie?

B

Warum „Copyright“?

A

Weil er das Absolute auf eine begrifflich ganz bestimmte Weise suchte. Regionalliga  (App)  weist auf die herrschende Stimmung hin: die Konkurrenz der jung-akademischen Entdecker anfangs des 19.Jh. um die letzten weißen Flecken. Fichte und Schelling waren sicher, sie zu betreten, der junge Schopenhauer hielt genau das für Irrtum. Das war seine erste Entdeckung.

A

Dann wäre sein „Kompass“ ja nur bedingt sein persönlicher gewesen?

B

„Wenn man das Moralische, Asketische, von allem Irdischen sich Losreißende – mit einem Wort die Freiheit im Menschen“ (App 64: #74) in den Blick nimmt, Arthurs unbändiges Interesse daran, seine Neigung zu reflektieren, mitzuempfinden und zu moralisieren, dann hatte der Kompass eine persönliche Relevanz.

Die Kompassnadel NORD weist ja bekanntlich vom Betrachter weg…

A

… wenn sie sinnvoll benutzt wird.

B

Er hatte nicht die Illusion, sich einschleichen zu können ins “bessere Bewusstsein“. Er pochte auf seine Position in der Philosophie. Seine Insel „Kontemplation“ (65) war eine Enklave auf der Seite des beschränkten Verstandes und hier waren Kämpfe auszufechten, sich zu positionieren, Begriffe anderer strategisch zu „assoziieren“ (63) –  freilich selbstlos, das heißt unter Absehen von den eigenen egoistischen Interessen.

A

Gründet auf solchen Vorstellungen nicht die allgemeine Scheu vor dem Philosophen noch in unserer Generation – wie übrigens auch vor dem Künstler oder Dichter – eine Scheu, die so leicht Peinlichkeiten hervorruft. Und man darf sich auf keinen Fall selber dazu erklären?

B

Zu dieser Hochachtung trägt auch die Erwartung bei, er würde von Zeit zu Zeit von einer unberechenbaren Muse geküsst ….

A

Ja, ja, Hesiod!

B

.. und er stehe auf diese Weise wenigstens manchmal mit der jenseitigen, freilich äußerst abstrakt gewordenen Welt in Verbindung. „Mythologie“ war Schopenhauers Vorwurf an Schelling und Fichte, und Fortsetzung der „Theologie“. Zugleich zeigt mir der erbitterte Streit um „das Absolute“ (63), wie nahe Mythologie und Theologie den Kontrahenten noch waren, wie bildmächtig,  wichtig, real….

Leicht geht Schopenhauer auch „alle unsere Sündhaftigkeit“ (66) von den Lippen.

A

Ich habe vor zig Jahren so etwas auch noch erlebt. Als ich im Netz über einen  reiferen Studienkollegen  – inzwischen emeritiert – lese, er habe vor kurzem noch an der spanischen Gesamtausgabe von Schelling mitgewirkt, frage ich mich: Hat ihn sein ganzes Leben lang das Absolute im Griff gehabt?

B

Im Folgenden resümiert Urs App die Überzeugungen des jungen Schopenhauer aus dem 2.Kapitel.

Ich kann mir die theoretisch überspannten Gespräche unter den (mit Verlaub) blühenden jungen Leuten gut vorstellen und denke daran, was sie darüber versäumt haben, etwa an menschlichem Glück oder Tatendrang.

A

Der junge idealistische Arthur ist elitär, hochfahrend – will er doch die Quelle allen Unglücks sozusagen wissenschaftlich ableiten. Und wozu? Wo er doch dem Handeln reflektierend und räsonnierend den Rücken kehrt, zwischen Buchdeckeln und in Vortragssälen eingeklemmt.

B

Gefällt dir als dirty old man etwa der Schwarmgeist Karl Marx, der Rattenfänger, wieder besser?

 

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