Monument Peking – zum Bericht der FAZ am 27.11.99

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Gedanken beim Lesen eines Zeitungsberichts. Vom Denkmal habe ich übrigens nie wieder etwas gehört oder gelesen. 15.3.2014

Sichtbare Merkmale :              *  = Versatzsstücke international und national:

In 40 m Höhe über breite Treppen erreichbare sich Tag und Nacht drehende Plattform* in Form einer Sonnenuhr für 1000 Personen mit Freilichtbühne

Die ewige Flamme*

lädt zur Niederlegung von Blumen* ein

Zwei Springbrunnen* (wohl am Kopf der Rieselallee)

Allee mit Geschichtstafeln, von Wasserfilm überrieselt

Ausstellungssäle, Versammlungsräume*

 

In Verbindung gebrachte Begriffe, Werte:

Permanente Drehung symbolisiere ewige Anstrengungen des (Staats-)Volkes im Geiste von „Tugend und Toleranz“ (Tugend ist konfuzianisch, Toleranz? ‚Bauer‘ konsultieren! > finden wir beides in einer Kreisbewegung symbolisiert? Sie könnte auch an den ermüdenden endlosen Alltag erinnern, an die Fron im Bewässerungsgöpel, oder auch an die zermahlende Kraft eines Mühlsteins ( von wegen ‚Toleranz‘)

die permanente Drehung symbolisiere „Harmonie zwischen Bewegung und Stillstand“ :

Es kann sich bei Bewegung nicht um Fortbewegung, Weiterentwicklung, ‘Fortschritt‘, oder auch Öffnung und Bereicherung von Außen handeln, sondern um ein Kreisen um  dasselbe Zentrum, ein Beharren auf der eigenen Achse. Sie ist also äußerst  konservativ und darin schon  vom Konzept her anti-westlich. Was kann das für ein Optimismus sein, der aus der Rückbesinnung entstehen soll, auf

– die mit 5000 Jahren älteste chinesische Zivilisation ( dafür ein „Denkmal“ nötig? Alter vor-ägyptisch! )

– die Absicht, patriotische Gefühle zu wecken, Optimismus wiederzufinden nach einer Rückkehr aus dem „Ausland“ (das sagt der Architekt), Trost ( Wer könnte sich warum „erniedrigt fühlen“?  bei welchem Anlass: Reise, Studienaufenthalt?, etwa gar „Heimkehrer“ aus Südostasien? Wird hier ein mit der Bewunderung des „Westens“ einhergehendes Gefühl der Minderwertigkeit, der Rückständigkeit  angesprochen?

Die Flamme  steht für den „ewig kreativen Geist“ einer „Zivilisation“, was der allen chinesischen Revolutionären von Sun Yatsen bis Mao bekannten Tatsache widerspricht, daß seit der Ming-Dynastie Verknöcherung und seit den Opiumkriegen Kraftlosigkeit das ehrwürdige Reich charakterisiert haben. Lu Xun schrieb vom Greis im reichen Garten. Er schrieb auch von den Menschen im fensterlosen Haus. Mao wollte Chinas Geschichte neu schreiben und organisierte den radikalen Umsturz der Verhältnisse. Offensichtlich möchte sich die Nomenklatura (parallel zur Sowjetunion der „Stagnationszeit“) heute als Erben der konfuzianischen  herrschenden Gelehrtenkaste feiern lassen. Die „Flamme“ entflammt nichts, sie zündet auch keinen revolutionären Weltbrand, sie ist sich selbst genug und sie wird mit dem chinesischen Ahnenkult verbunden, ohne dass der Kult der „16 Milliarden“ Vorfahren als schreckliche Belastung  empfunden würde: die Toten beherrschen schon durch ihre reine Überzahl die Lebenden, die Alten sollen die Jungen beeindrucken (“Tugend“)

In den 1980er Jahren  wurde die Löß-Zivilisation bzw. die Selbstabschließung im 16.Jh.  als Chinas Unglück gesehen. Das ging hauptsächlich gegen den „Gelben Fluss“, doch generell wurde die erneute Abwendung  vom Meer des universellen Austauschs und der Öffnung in die Welt kritisiert.

Beide Ströme sind uralte chinesische Gottheiten, immer auch furchtbare.

Wenn der Yangtse jetzt ‚gezähmt‘ werden soll – unter Missachtung jeder, auch ausländischer Kritik –  könnte das eine Parallele zum kaiserlichen Kanalsystem unter den Sung (?) darstellen.

„Geschichte  Chinas“ soll in traditionellem Material als unverrückbare, scheinobjektive Chronik repräsentiert werden, kein Gedanke mehr an die marxistische „Geschichte der Klassenkämpfe“. Wenn man heute den Zertrümmerer Mao unter die Staatsgötter aufnimmt, warum dann nicht auch seinen Gegenspieler „Tschang Kai-schek“?Was wir uns unter „ständig sich erneuernd“ verstehen sollen? Erneuerung durch Bestätigung, Wiederholung, Auffrischung – durch ein Wasser-Ritual!

 

Wenn offensichtlich die realen Zeugnisse der Tradition nicht ausreichen oder der Stolz auf die Leistungen der Gegenwart – Was bedeutet ein „Denkmal“ als Lösungsansatz?

 

Wer ist hier „Chinesen“?

„Volk“  fordert zweifellos  alle Untertanen des Reichs auf, sich mit den Han und ihrer Kulturleistung zu identifizieren, kombiniert also zweierlei abgestandene Reichsideologien: das sinozentrische Reichsverständnis mit einem bornierten „Nationalismus“ ( wie in Europa seit 19.Jh.). Die KPCh geht  auch unter diesem Aspekt Stalins Weg weiter.

„Tugend“ ist  für Chinesen die Festlegung auf den Konfuzianismus: Überlegene Kompetenz und Moral der Oberen, Anerkennung Gehorsam der Untergebenen, systematisch durchgehaltene strenge Hierarchie als Struktur; Toleranz ist dann aber nicht außerhalb oder gegen Tugend vorzustellen;  eine Verwechslung mit einem der zentralen Werte des Abendlandes  ist nicht erlaubt. Toleranz hat sich dort als revolutionäre Forderung in Richtung immer schrankenloserer individueller Freiheit  erwiesen!

2.1.00

 

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